Modern, unkonventionell, aufregend – und das zu einem Eintrittspreis, den so gut wie jeder berappen kann. Das ist die Idee der Berliner Kiez Oper. Sie will die Gattung einem Publikum nahebringen, das normalerweise keinen Fuß in ein Opernhaus setzen würde. Bis vor vier Jahren hat die Kiez Oper in Clubs und Szenelocations wie dem Stattbad Wedding, in der Wilden Renate oder der Griessmühle gespielt. Nun ist sie zurück.
Die Kiez Oper ist zurück
An vier Nächten vom 27. bis 30. Juni bringt die Kiez Oper Händels selten aufgeführtes Oratorium „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“ in die Alte Münze. An diesem geschichtsträchtigen Ort im Herzen Berlins wurden bis Anfang 2006 Euro-Münzen produziert. Heute wird der Gebäudekomplex als experimentelles Zentrum für unabhängige Kunst- und Kulturproduktion genutzt.
Neben einem ungewöhnlichen Spielort sowie einer Inszenierung, die das Publikum unmittelbar und hautnah berühren soll, ganz ohne die Abgrenzung zwischen Bühne und Zuschauer, legt die Kiez Oper großen Wert auf hohe Qualität. Dafür sorgt ein internationales Ensemble bestehend aus professionellen Sängern, Musikern und Künstlern.
Händels Stoff scheint aktueller denn je
In der Alten Münze verfolgen die Besucher die Reise von Bellezza (Schönheit) durch das Kaninchenloch „auf ein Abenteuer der Entdeckung, durch surreale Welten, in denen sie neugierigen Charakteren begegnet, die sich als allegorische Konzepte manifestieren.“ Dabei versuchen Freude, Zeit und Erkenntnis immer wieder Bellezza auf ihrer Reise zu verzaubern und zu verderben. Im modernen, sich ständig wandelnden Berlin scheint das zeitlose Thema der Auseinandersetzung mit dem wahren Ich aktueller denn je.
Das Publikum erwartet also eine wilde Reise, von der es sich aber auf der Afterparty nach jeder Vorstellung wieder erholen kann. In lockerer Club-Atmosphäre und bei dem ein oder anderen kühlen Drink können sich die Besucher austauschen oder noch ein wenig ihren Gedanken nachhängen.
Leidenschaftliche und zutiefst berührende Musik
Georg Friedrich Händel war gerade einmal 22 Jahre alt, als er in Rom das Oratorium vom „Triumph der Zeit und der Enttäuschung“ komponiert: „Il Trionfo del Tempo e del Didisinganno“. Er komponierte es deshalb als Oratorium, weil während seines Aufenthalts in Rom keine Opern öffentlich gespielt werden durften und selbst weltliche Oratorien mit Einschränkungen zu rechnen hatten – eine päpstliche Verordnung hatte nach dem Erdbeben von 1702 die Aufführung von Opern in Rom untersagt.
Und so ist es bis heute unbekannt, wo genau in Rom Händels Werk 1707 zur Aufführung gebracht wurde. Fest steht allerdings, dass es voll leidenschaftlicher, heiterer, abwechslungsreicher und immer wieder zutiefst berührender Musik ist, das die späteren musikalischen Entwicklungen des Opernkomponisten Händel vorwegnimmt.
Machen Sie sich Lust mit dem Trailer zu Purcells „Dido & Aeneas“ von 2012, der allerersten Produktion der Kiez Oper:
concerti-Tipp:
Kiez Oper
27.-30.6.2018, 21:30 Uhr
Alte Münze Berlin
Händel: Il Trionfo del Tempo e del Didisinganno
Tickets
Besetzung und Kreativteam: Bellezza / Schönheit – Martha Eason (Komische Oper) Piacere / Vergnügen – Julia Dawson (Oper Frankfurt) Tempo / Zeit – Adrian Strooper (Komische Oper) Disinganno / Entzauberung – Rowan Hellier (Staatsoper Berlin) Regie: Julia Burbach (Königliches Opernhaus, Covent Garden) Dirigent: Benjamin Bayl (Wiener Staatsoper, Berliner Staatsoper) Entwurf: Cécile Trémolières Bewegung: Jo Meredith Musikalische Vorbereitung: Andrew Crooks (Komische Oper, Deutsche Oper) Produzenten / Künstlerische Direktoren: Rowan Hellier Alex J. Eccleston