Aus starker Literatur entstehen immer wieder sehr bedeutende Opern. Dabei müssen die Texte gar nicht aus der Feder von Shakespeare oder Schiller stammen. Odön von Horváths Schauspiel „Der Jüngste Tag“ aus dem Jahr 1937 lieferte die Vorlage für die Vertonung, die Giselher Klebe 1979 wagte. Der langjährige Detmolder Kompositionsprofessor mit dem enorm breit gefächerten Schaffen von der Kammermusik über die Sinfonik bis zur Literaturoper brachte die Uraufführung 1980 in seiner Geburtsstadt Mannheim heraus. Das Jubiläum „100 Jahre Landestheater Detmold“ ist nun Anlass, den 2009 verstorbenen Klebe und sein Werk zu würdigen. Premiere ist am 7.2.
Es erzählt von einem Zugunglück, an dem der Stationsvorstand Thomas Hudetz schuld ist: Er hat vergessen, das Signal zu stellen, weil die Wirtstochter Anna, ein kleines Biest, das seine eifersüchtige Frau ärgern will, ihn geküsst hat. Durch Annas falsche Aussage, er habe das Signal rechtzeitig gestellt, wird er freigesprochen. Doch Annas Mitwisserschaft erzwingt ein Nachdenken nicht nur über juristische, sondern über die metaphysische Schuld. Das eigentliche Urteil erwartet Hudetz erst im Jüngsten Gericht. Der aufstrebende junge Regisseur Jan Eßinger setzt „Der jüngste Tag“ in Szene, die junge persische Sopranistin Sheida Damghani gibt die Anna.
Auch Puccinis „Tosca“ war ursprünglich ein Theaterstück
Noch näheren Gegenwartsbezug strebte Tony Kushner in seinem Theaterstück „Angels in America“ an. Der New Yorker Autor brachte 1993, was seinerzeit noch umstritten war, den Aids-Schock der Achtzigerjahre auf die Bühne. Peter Eötvös’ Opernfassung freilich avancierte mit ihrer Verbeugung vor einer Ästhetik des Broadway seit ihrer Uraufführung 2004 zu einem zeitgenössischen Erfolgsstück. Sie erzählt von dem an Aids erkrankten schwulen Prior Walter, der in seinem Kampf ums Überleben einen Engel erfindet. Schnell wird dabei unklar, wo die Realität endet und die Halluzination beginnt. Mit Florentine Klepper inszeniert auch hier eine der angesagtesten jungen Regisseurinnen. Am Staatstheater Braunschweig ist am 29.2. Premiere.
Als Puccini zwei Jahre nach der Pariser Uraufführung von Victorien Sardous Drama „La Tosca“ das Stück las, konnte der Komponist nicht ahnen, dass seine gleichnamige Oper Jahre später einen ebensolche Sensation werden sollte wie das Schauspiel, in dem seit 1887 die legendäre Sarah Bernhardt unzählige Male brilliert und schockiert hatte. Am Gerhart-Hauptmann-Theater in Görlitz, das sich derzeit wacker gegen die rechte Dominanz der Lokalpolitik positioniert, feiert der politisch aufgeladene „Tosca“-Thriller am 22.2. Premiere. Die junge polnische Generalmusikdirektorin Ewa Strusińska leitet die Neuproduktion der deutsch-polnischen Grenzstadt in der Oberlausitz.