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Opern-Tipps im Oktober 2024: Carmen

Immer wieder Carmen

Georges Bizets „Carmen“ ist ein Welthit der Opernliteratur. Im Oktober warten besonders spannende Neuinszenierungen des Klassikers auf Sie.

vonAndré Sperber,

„Als Kunstwerk absolut nichtig“, schrieb die New York Times 1878 nach der amerikanischen Erstaufführung von Georges Bizets „Carmen“. Es war nicht das erste vernichtende Urteil. Schon die Uraufführung drei Jahre zuvor an der Pariser Opéra-Comique war von Publikum und Presse desaströs aufgenommen worden. Bizet selbst kommentierte verbittert: „Um in unserer Zeit Erfolg zu haben, muss man entweder tot oder ein Deutscher sein! Am besten beides!“ Deutscher wurde er nicht mehr, aber nur wenige Wochen später starb er – seine „Carmen“ wurde zum Welthit und ist bis heute eines der meistgespielten Opernwerke überhaupt.

Auch in diesem Oktober wird auf zahlreichen Bühnen wieder das andalusische Feuer entzündet, mit den berühmten volkstümlich-spanischen, kastagnetten- und tamburingespickten Klängen aus der Feder des Franzosen (der übrigens selber nie in Spanien war). Dabei beschränkt man sich keinesfalls auf die Ursprungsform, sondern erzählt die schicksalhafte Geschichte der männerangelnden Zigarettenfabrikarbeiterin auch in anderen Genres.

Femme fatale bittet zum Tanz

Am Aalto-Theater Essen etwa hatte bereits 2011 der Choreograf Ben van Cauwenbergh eine Tanzversion von „Carmen“ im Gewand eleganter Neoklassik geschaffen und die Story zu den Klängen von Maurice Ravels „Boléro“ sogar weitergesponnen. Nach dessen Wiederaufnahme im Frühjahr präsentiert die Compagnie des Aalto Ballett Essen nun eine gänzlich andere moderne Ballett-„Carmen“, namentlich eine aus dem Repertoire des schwedischen Star-Choreografen Johan Inger. Erstmals aufgeführt in Madrid im Jahr 2015, nimmt dieses getanze Psychogramm eine spannende neue Erzählperspektive ein: Als der liebeskranke Don José seine angebetete Carmen vor lauter Verzweiflung ersticht, wird ein Kind unfreiwillig Zeuge des Mordes und schildert das tödliche Geschehen durch seinen unschuldigen Blick. Die begleitende Musik von Bizet sowie deren Suite-Bearbeitung durch Rodion Schtschedrin werden dabei erweitert durch Neukompositionen des Spaniers Marc Álvarez.

Ebenfalls tänzerisch, aber weniger düster, dafür deutlich humoristischer setzt der britische Choreograf Ihsan Rustem seine Interpretation des „Carmen“-Stoffes aus dem Jahr 2017 an, die nun am Theater Ulm auf die Bretter geht. Seine preisgekrönte Kreation verlegt die Handlung kurzerhand in die Welt der Schönheitssalons der 1950er Jahre. Ergänzt wird der Abend durch die Uraufführung der Choreografie „Requiem“ der Ulmer Tanztheaterdirektorin Annett Göhre mit Musik von Mozart und Ligeti.

Cocktails à la Carmen mit Warnhinweis

Doch auch wer den Niedergang der trällernden Carmencita lieber in herkömmlicher Opernform erleben möchte, soll im Oktober durchaus auf seine Kosten kommen: Der österreichische Regisseur Herbert Föttinger inszeniert die Oper in ihrer Originalfassung mit französischen Dialogen am Münchner Gärtnerplatztheater. In Magdeburg wiederum will Generalintendant Julien Chavaz in seiner Neuinszenierung beweisen, dass „Carmen“ auch ein Stück des 21. Jahrhunderts ist, ihr Mythos auch in der heutigen Zeit durchaus seine Daseinsberechtigung hat. Im Februar 2025 steht im Übrigen auch hier eine tänzerische Interpreta­tion der Thematik an: die Choreografen Jörg Mannes und Jeroen Verbrugge beleuchten das Werk in „Carmen/Morgenröte eines Stiers“ gleich aus zwei Blickwinkeln an einem Abend.

Ganz nah heran ans Geschehen, wenn nicht gar Teil des Geschehens wird man indes im Hamburger Opernloft: Hier arbeitet die Protagonistin in einer Karaoke-Bar, wo sie für ihr Publikum Cocktails mixt. Doch Achtung, schon auf der Webseite wird gewarnt: Wer an Plätzen der Kategorie „Tresen“ sitzt, läuft Gefahr, im Eifer des Gefechts den ein oder anderen Spritzer abzubekommen. „Carmen“ als Event-Oper in Kurzform – modern und immersiv inszeniert von Regisseurin Inken Rahardt.






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