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Opern-Tipps im Winter

Wir wagen wieder große Oper

Nach Monaten der Reduktion stehen endlich wieder großbesetzte Opernproduktionen auf dem Programm. Peter Krause stellt einige von ihnen vor.

vonPeter Krause,

Die Zurückeroberung der Bühnen vollzog sich schrittweise: Die Sitzpläne der Theater wurden langsam erweitert, die Hygienekonzepte immer mehr verfeinert. Programmatisch konnte es nach den Monaten der schmerzlichen Schließungen, des für viele Kreative existenzbedrohlichen Arbeitsverbots und des Verzichts des Publikums auf die Magie des erfüllten Augenblicks einer im Hier und Jetzt erlebten Kunst ebenso keine schleunig schlichte, unreflektierte Rolle rückwärts zur Routine der vorpandemischen Zeiten geben: Zu sehr haben Barock- und Kammeropern, haben aufregende kleine Formate und flexibel wie aus dem Nichts geborene neue Werke dem Musiktheater eine Frischzellenkur verpasst. Das Repertoire erfuhr gleichsam eine Reinigung durch Reduktion. Es muss nicht immer (wieder) die „Aida“ sein.

Doch die Zeit ist reif, auch die große Oper wieder zu wagen, Opulenz und Überwältigung wieder zuzulassen, aufs Ganze des Gesamtkunstwerks zu gehen. Schließlich sind wir alle, Kunstschaffende wie Rezipierende, längst in der Dialektik geübt, Distanzregeln einzuhalten und uns dennoch berühren zu lassen. Nur müssen die Interpretationen der Klassiker an- und aufregend sein, um uns alle aus der heimischen Komfortzone der Streamings und Kunstkonserven zu locken. Vier Neuinszenierungen von Meisterwerken des 19. Jahrhunderts sollen beispielhaft für das kollektive Aufatmen stehen, dass auch Verdi und Puccini uns endlich wieder mit aller Macht begeistern dürfen.

Maler, Grafiker, Bildhauer – und Regisseur

Als Vorbild schreitet das Staatstheater Meiningen voran, das für die bei weitem beliebteste Künstleroper einen der einflussreichsten Bildenden Künstler Deutschlands gewinnen konnte: Markus Lüpertz wird ab 10.12. seine Sicht auf Giacomo Puccinis „La Bohème“ zeigen und dazu erstmals in der dreifachen Funktion als Regisseur, Bühnen- und Kostümbilder tätig sein. Der Maler, Grafiker und Bildhauer hat von jeher eine enge Beziehung zur Musik, trat als Jazzer auf, setzte sich in einem Bildzyklus mit WagnersParsifal“ auseinander, schuf Komponistenstatuen von Beethoven in Bonn und von Mozart in Salzburg und stattete an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin Robert SchumannsSzenen aus Goethes Faust“ aus. Nun befasst er sich also mit der Wohngemeinschaft von Rodolfo, Marcello, Schaunard und Colline, jenen zwischen ökonomischer Tristesse, winterlicher Kälte, hochfliegenden Träumen und bittersüßer Liebe ihr Dasein fristenden Truppe von (Lebens-)Künstlern.

Ästhetische und konzeptionelle Einheit

Auch wenn der Italiener Stefano Poda sich dem Theater und Musiktheater zuwendet, dann tut er dies stets in der Personalunion für Regie, Bühne, Kostüme, Licht und Choreografie. Da bietet ihm die Künstleroper „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach, die das Staatstheater am Gärtnerplatz in München am 27.1. als Premiere anlässlich des 200. Todestags des Dichters Hoffmann herausbringt, geradezu die perfekte Steilvorlage. Gerühmt wird Poda für seine verblüffenden Bühnenräume, die fantasiepralle Illusionen auslösen und Grundlage seines Verständnisses von ästhetischer und konzeptioneller Einheit darstellen.

Wenn Mark Daniel Hirsch am 12.12. die fünfaktige italienische Fassung von Verdis düsterer Schillervertonung „Don Carlo“ am Theater Bonn herausbringt, ist wiederum eine solche harmonische Einheit zu erwarten, arbeitete der Regisseur in seinen Lehrjahren als Assistent doch mit Meistern wie Giorgio Strehler, Jean-Pierre Ponnelle, Patrice Chéreau und Robert Wilson zusammen, die ihn alle prägten. Auch Roland Schwab wurde stark durch Meisterregisseure beeinflusst, dazu gehörten Götz Friedrich, Harry Kupfer und Ruth Berghaus. Am Aalto-Theater in Essen wird am 22.1. seine Sicht auf Puccinis „Il Trittico“ Premiere feiern.

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