Für viele ist Johann Strauss mit seiner munteren „Fledermaus“ fester Bestandteil der Neujahrsfeiertage. Doch es gibt noch einen anderen Fixstern am Operettenhimmel, der mit seinen heiter sprühenden Werken funkelndes Licht in die dunkle Jahreszeit bringt: Jakob „Jacques“ Offenbach war einer der facettenreichsten Komponisten seiner Zeit. Der ewig Reisende, der in Köln geboren wurde, in Paris lebte und doch irgendwie in keinem seiner beiden Heimatländer wirklich zu Hause war, begründete eine ganz eigene Form des leichtlebigen Musiktheaters, die mit der später populären „silbernen“ Operette eines Strauss, Léhar oder Kálmán kaum etwas gemein hatte.Trotz der hohen Eingängigkeit seiner musikalisch mitreißenden Bühnenwerke – in seinen 61 Lebensjahren schrieb er immerhin über hundert davon –, dienten sie nie reinen Unterhaltungszwecken, sondern thematisieren als Satire der eigenen Gattung und ihrer eigenen Entstehungszeit stets Politisches, Soziales und Kulturelles.
Geradezu ein Paradebeispiel für den humorvoll auskomponierten Zynismus ist Offenbachs „Pariser Leben“. Der Fünfakter entstand anlässlich der Weltausstellung 1867 und spiegelt den Hype um die französische Metropole mit herrlich klischeehaften Bildern wider. Am Theater Kiel erklingt das Werk deutschlandweit erstmals in seiner rekonstruierten Urfassung.
Na, kiek ma an!
Eine Parodie auf den Militarismus sowie auf das gesamte Operngenre bildet dagegen die 1855 uraufgeführte Operette „Ba-ta-clan oder: Sie sind ja gar kein Chinese!“. Rollennamen wie Na-kiek-ma-an, Tu-eh-nix oder Ki-ke-ri-ki sprechen hier Bände. Für das Theater Brandenburg hat Regisseur Alexander Busche das Stück nicht nur mit einer neuen Textfassung, sondern auch mit ergänzenden Musikstücken unter anderem von Ravel, Saint-Saëns und Tschaikowsky versehen.
Brandaktuelle wie bittere Wahrheiten um Kriegstreiberei und Machtmissbrauch finden sich nicht minder genialistisch-komödiantisch verpackt auch in „Die Großherzogin von Gerolstein“. Wie schon das „Pariser Leben“ war sie einer von Offenbachs Kulturbeiträgen zur Pariser Weltausstellung. Josef E. Köpplingers 2020 in Dresden gefeierte Inszenierung des Werks findet unter der musikalischen Leitung von Michael Brandstätter nun ihren Weg ins Münchner Gärtnerplatztheater.
Als „Musikalische Menschenfresserei in einem Akt“ bezeichnet man an der Komischen Oper Berlin augenzwinkernd das skurrile Werk „Oyayaye“, das die Geschichte rund um die gleichnamige Königin der Eingeborenen auf einer Kannibalen-Insel in der Südsee erzählt – nach heutigen Maßstäben erzählt sich diese Handlung wohl einigermaßen problematisch. Den zweiten Teil des Abends bildet „Fortunios Lied“. Das Werk war so erfolgreich, dass es bei seiner Uraufführung komplett wiederholt werden musste. Bei der eigentlich konzertanten, allerdings dennoch von Max Hopp szenisch eingerichteten Doppelaufführung steht Dirigent Adrien Perruchon am Orchesterpult.
Eine der, wenn nicht sogar die berühmteste Schöpfung des Komponisten ist zweifelsohne der schmissige Can-Can aus „Orpheus in der Unterwelt“; ein Werk, das in einer Aufzählung wie dieser natürlich nicht ausgespart werden darf. Regisseur Johannes Pölzgutter befasst sich am Theater Chemnitz mit dem unsterblichen Dauerbrenner, der nicht minder persiflierende Botschaften enthält. Für Aktualitätsbezug sorgt eine neuerarbeitete Textfassung von Thomas Winter.