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Uraufführung in Weimar

Sehenden Auges ins eigene Verderben laufen

Franz Liszts Opern-Fragment „Sardanapalo“ feiert seine Uraufführung in Weimar

vonRoland H. Dippel,

Im Ekhof-Theater des Schlosses Friedenstein in Gotha spielte man 2012 die Barockoper „Sardanapalus“ von Christian Ludwig Boxberg aus dem Jahre 1698. Aber der weitaus spannendere Fund ist die genau 150 Jahre später von Franz Liszt begonnene Vertonung des gleichen Sujets, die der britische Musikwissenschaftler David Trippett im Liszt-Archiv der anderen Ernestiner-Residenzstadt Weimar entdeckt hatte. Es bleibt wohl ein Geheimnis, warum Franz Liszt, der zum Zeitpunkt der Komposition Direktor der Weimarer Hofkapelle war, den 1849 in italienischer Sprache begonnenen „Sardanapalo“ nicht vollendete: Mit der Uraufführung des ersten Aktes in der Liszts Kompositionsästhetik respektvoll verpflichteten Instrumentation von David Trippett tilgt die Staatskapelle Weimar am Beginn der nächsten Saison diesen weißen Fleck der Neuromantik.

„Sardanapalo“ mit Starbesetzung

Unter den hochkarätigen Solisten brilliert auch der amerikanische Startenor Charles Castronovo. Der assyrische König Sardanapal geht mit seinen geliebten Frauen und Sklavinnen lieber zugrunde, als dass er sich und sein Reich verteidigt. Er ist der sinnlichste und weichste Charakter unter den gebrochenen, faustischen Männerfiguren Lord Byrons, die mit ihrer Lust am Verglühen und durch ihre Weltverachtung das gesamte 19. Jahrhundert in Bann schlugen. Liszt, der sicher Eugène Delacroix’ Gemälde „Der Tod des Sardanapal“ (1827) in Paris gesehen hatte, vertonte Byrons nie für eine reale Bühne gedachtes Lesedrama. Sardanapal wird zum Opfer einer Palastrevolte seiner Diener und triumphiert im Tod, weil er wie Don Juan die Lust mehr liebt als alles andere.

Kirill Karabits
Kirill Karabits © Candy Welz

Kirill Karabits dirigiert die Uraufführung

Lord Byron widmete „Sardanapalus“ Goethe, dem „ersten der lebenden Schriftsteller, welcher die Literatur seines Vaterlandes geschaffen und die Europas verherrlicht hat“. Nach dem musikalischen Lustspiel „Don Sanche“ ist „Sardanapalo“ der zweite und letzte Opernversuch Franz Liszts, der sich für diesen wie Verdi bei „I due Foscari“ oder Schumann bei „Manfred“ von Byrons zerrissenen Protagonisten faszinieren ließ. Neben dieser Uraufführung dirigiert Generalmusikdirektor Kirill Karabits die monumentale „Dante-Sinfonie“. Auch da erhebt, reizt und attackiert Franz Liszt die Fantasien seiner Hörer in einem davor kaum vernommenen Maß.

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