Kinderopern, Musicals, Schauspielinszenierungen mit menschlichen Darstellern oder Puppen sowie etliche Hörspielbearbeitungen und Verfilmungen zeugen von der ungebrochenen Popularität des Märchens „Die Schneekönigin“, das zu den bekanntesten des dänischen Dichters Hans Christian Andersen zählt. Bei seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1844 allerdings stieß es auf wenig Resonanz, denn man fand den Stoff für Kinder nicht geeignet. Ohnehin war der Eigenbrötler Andersen, der als Sohn einer alkoholkranken Mutter und eines Schuhmachers aus der untersten Gesellschaftsschicht stammte und der mit seinen Kunstmärchen gegen die Pädagogik seiner Zeit revoltierte, den traditionsbeflissenen Bildungsbürgern ein Dorn im Auge. Die naive, holzschnittartige Erzählweise der Volksmärchen der Brüder Grimm mit ihrer Betonung des Symbolhaften stand seinerzeit höher im Kurs als das atmosphärisch dichte Kunstmärchen mit seiner subjektiven Figurenzeichnung und seinem gleichnishaften Aufbau. Heute wirken Andersens Texte gerade deshalb so zeitlos modern und sprechen aufgrund ihrer rätselhaften Anspielungen auch den erwachsenen Leser und Zuschauer an.
„Die Schneekönigin“: Nach Musicalversion kommt jetzt die Märchenoper
Nachdem im letzten Jahr am Theater Vorpommern eine Musicalversion der „Schneekönigin“ zu sehen war und bevor Anfang nächsten Jahres sich ein Puppenspiel des Stoffes annimmt, steht ab Ende November die farbenreich instrumentierte, rhythmisch zugespitzte, affektgeladene Familienoper des schwedischen Komponisten Benjamin Staern auf dem Programm der Häuser in Stralsund und Greifswald. Seit seiner Uraufführung im Jahr 2016 wird das Auftragswerk der Oper Malmö an der drittgrößten Stadt Schwedens regelmäßig gespielt, während es in Stralsund unter der Regie von Operndirektor Horst Kupich seine deutsche Erstaufführung feiert.
Acht Sängerinnen und Sänger entführen die kleinen und großen Zuschauer dann ins eisige Reich der Schneekönigin, wo der Junge Kai in einem Eispalast gefangen gehalten wird. Die Küsse der bösen Königin haben ihm das Gedächtnis geraubt, so dass er sich an sein früheres Leben und seine Freundin Gerda nicht mehr erinnert. Diese macht sich auf den Weg, um Kai zu suchen und trifft dabei auf viele Gestalten, denen sie nur zum Teil trauen kann: eine Blumenfrau, die Gerda für immer bei sich behalten möchte. Eine Räuberbande, aus deren Fängen sie sich nur mithilfe der wilden Räubertochter befreien kann. Ein Rentier und zwei alte Frauen, die ihr letztendlich den Weg zum Palast der Schneekönigin weisen. Die Befreiung selbst findet dann unter ebenso rätselhaften wie vieldeutigen Umständen statt, bei der die „Ewigkeit“ eine entscheidende Rolle spielt.