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Uraufführung: Oper Kiel – Falscher Verrat

Wenn Gefühle politische Absichten überschatten

Am 100. Jahrestag des Matrosenaufstandes in Kiel wird ein Werk aus der Taufe gehoben, das die scheinbar unüberbrückbaren Gräben zwischen den Gesellschaftsschichten des untergehenden Kaiserreiches aufzeigt.

vonWolfgang Wagner,

Es ist ein großes Stück Regionalgeschichte: Vom Kieler Matrosen- und Arbeiteraufstand gingen 1918 Impulse aus, die dem unseligen Weltkrieg ein Ende setzten. Die inspirierenden Ereignisse sind die Grundlage einer neuen Oper geworden, die der italienische Komponist Marco Tutino gemeinsam mit den Librettisten Wolfgang Haendeler und Luca Rossi geschaffen hat. „Falscher Verrat“ wird am 3. November am Theater Kiel zur Uraufführung kommen, am hundertsten Jahrestag der Aufstände.

Unaufhaltbare Friedensbewegung

Die erfundene Handlung zeichnet ein Gesellschaftsporträt. Der mit der Tochter seines Vorgesetzten verheiratete Korvettenkapitän Arno von Stahl und der einfache Heizer Gabriel Jensen haben sich in die Prostituierte Lola verliebt. Obwohl von Stahl der nationalkonservativen Militärriege entstammt und Jensen aus einfachsten Verhältnissen, haben sie eine ähnliche Motivation, um sich für den Frieden einzusetzen. Es sind Neigungen zu einer umfassenden Humanität, die sie davor zurückschrecken lassen, die deutsche Marine in den letzten Kriegstagen in den sicheren Untergang zu schicken, um die überlegenen Briten aus der Themse in den Ärmelkanal zu locken. Ein Gemenge aus Eifersucht und den Verpflichtungen gegenüber ihrer Kaste führt sie aber doch in eine schicksalhafte Sackgasse und so liefern sie sich gegenseitig dem Tod aus. Die von ihnen angefachte Friedensbewegung ist da schon nicht mehr aufzuhalten.

Szenenbild aus "Falscher Verrat"
Falscher Verrat/Theater Kiel: Tomohiro Takada (Arno von Stahl), Michael Müller-Kasztelan (Gabriel Jensen, Opern- und Extrachor des Theaters Kiel © Olaf Struck

In der Tradition von Verdi und Puccini – „Falscher Verrat“

Sind also nur gebrochene Helden auf der Bühne? Der Librettist Wolfgang Haendeler erklärt: „Im Gegensatz zu allen anderen Protagonisten gibt Lola eben nur ihren Körper her und bleibt, weil sie vom interessengeleiteten Spiel der Mächte ausgeschlossen ist, in Kopf und Herz frei.“ Und der Komponist Marco Tutino ergänzt: „Für mich ist sie der einzige positive Charakter der Oper und sie hat die Verantwortung, die finale Moral der Geschichte auf ihren Schultern tragen zu müssen.“

Schon seit den 1970er Jahren komponiert der international gefeierte Tutino in einer unmittelbar verständlichen Musiksprache, die an Verdi und Puccini anknüpft. Das gilt auch für seine erste deutschsprachige Oper: „Ich denke, dass Musik die Kraft haben sollte, uns Europäer anzuregen, einen Weg zu finden, um in Frieden und Demokratie zusammenzustehen.“

Sehen Sie hier den Teaser zu Marco Tutinos „Falscher Verrat“:

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