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Ensembleporträt Amarcord

Von kleinen Mucken zum Echo Klassik

Das preisgekrönte Ensemble Amarcord

vonJakob Buhre,

Beherbergt eine Stadt einen erfolgreichen Knabenchor, so begegnen einem die jungen Sänger nicht nur in Kirche oder Konzertsaal. Wer beispielsweise Leipzig oder Dresden sein Zuhause nennt, kommt früher oder später ganz sicher in die Situation – sei es im Weinkeller, auf Hochzeiten oder Betriebsfeiern – wo ein kleiner Kreis junger Männer im feinen Anzug mit schwerromantischem Gesang à la Comedian Harmonists besonders den weiblichen Zuhörern die Köpfe verdreht.

Auch das 1992 von sechs Thomanern gegründete Ensemble Amarcord „muckte“ einst durch die Heimatstadt Leipzig – zunächst ohne besonderen Hintergedanken. „Du gründest so ein Ensemble nicht mit der Aussicht, einen professionellen Job draus zu machen. Damals war es einfach der Spaß an der Sache“, erzählt Tenor Wolfram Lattke. „Man konnte Dinge machen, die wir im Thomanerchor kaum gesungen haben, viel weltliches Repertoire, aber auch Musik der Renaissance.“ Etwas unerwartet entwickelte das Projekt eine Eigendynamik: „Wir haben uns immer mehr Repertoire erarbeitet, man hat plötzlich auch die Gestaltungsmöglichkeiten gesehen, wie man Programme konzipiert.“ Man wuchs weiter zusammen und machte 1996 einen wichtigen Schritt in Richtung Professionalisierung, einen einwöchigen Kurs beim Hilliard Ensemble. „Die Musiker menschlich kennen zu lernen, mit ihnen musikalisch richtig ins Detail zu gehen – das war für uns sehr prägend.“ So entwickelte sich ein schlanker, wohlausbalancierter Chorklang, der dem Klangideal der englischen Lehrmeister durchaus sehr nahe kommt, aber immer noch eine gewisse Jugendlichkeit ausstrahlt.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, die Konzerteinladungen, auch aus dem Ausland, häuften sich. 1997 erschien die erste CD und im Jahr 2000 entschied man sich, dass – trotz des Studiums, das stets parallel lief – kein Weg mehr zurückführt. Wir haben uns gesagt: „Jeder bringt sein Studium zu Ende, aber wir machen weiter.“ Nach zwei Besetzungswechseln besteht das Vokalquintett heute aus drei studierten Sängern, einem Germanisten und einem HNO-Arzt, „besonders die letzten beiden Fachrichtungen können manchmal sehr nützlich für uns sein“, sagt Lattke und lacht.

Ihre Berufswahl haben die Sänger bis heute nicht bereut. Nach den „Prinzen“ ist Amarcord inzwischen die bekannteste Gruppe, die je aus dem Thomanerchor hervorging, 2002 Sieger des Deutschen Musikwettbewerbs, 2010 mit dem Echo Klassik prämiert. Die CDs erscheinen seit jeher beim kleinen Leipziger Label Apollon Classics, stets mit viel Liebe und aufwändigem Booklet gemacht, wobei die Zusammenstellungen von Renaissance über Romantik bis hin zu verjazztem Bach und Ray Charles reichen.

Im Bereich kleiner Männerchorbesetzungen gibt es in Deutschland auf diesem Niveau kaum Vergleichbares. Und selbst wenn, die Konkurrenz würde Amarcord nicht fürchten – ganz im Gegenteil, sie wird eingeladen. Denn seit 1997 veranstaltet das Ensemble sein eigenes Festival „a cappella“ (!). Zu Gast waren bereits die Swingle Singers, The Real Group, die King’s Singers, Take 6 und Bobby McFerrin. Eins lassen sich die Gastgeber allerdings nicht nehmen: das Eröffnungskonzert. 2010 fand es erstmals im Gewandhaus statt – der Große Saal war ausverkauft!

Album Cover für
Jauchzet dem Herren alle Welt
Schütz und die Italiener. Vol. 2
Ensemble amarcord, Cappella Sagittariana Dresden, Norbert Schuster
Edition apollon/Raumklang

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