Vier Männer, vier Saxophone. Keine Musikrichtung schreckt sie ab, wie die Konzerttitel auf ihrer Repertoire-Liste beweisen: „In 80 Minuten um die Welt“, „Dim Sum“ oder „100% Holländisch“. Das Amstel Quartet kommt aus den Niederlanden – und bringt neben unbändiger Spielfreude richtig spannende Konzertprogramme mit. Remco Jak, Olivier Sliepen, Bas Abswoude und Ties Mellema haben zusammen studiert, bei Arno Bornkamp am Amsterdamer Konservatorium. Aus der gemeinsamen Studienzeit erwuchs ein Quartett – mit Sopran-, Alt-, Tenor- und Baritonsaxophon.
„Das Saxophon ist klanglich ein unglaublich vielseitiges Ins-trument, ein wahrer Verwandlungskünstler“, erklärt Alt-Saxophonist Olivier Sliepen die Faszination für das Instrument, das in so vielen verschiedenen Musikrichtungen zu finden ist. „Obwohl der Charakter dieser Saxo-phone so unterschiedlich ist, können sie gemeinsam zu einem unglaublich homogenen Sound verschmelzen.“ Und damit kammermusikalisch zu musizieren, mache, gerade wenn man schon so lange miteinander spielt, besonderen Spaß.
Die vier enthusiastischen Musiker wollen sich bewusst nicht auf eine bestimmte Stilrichtung festlegen, zu viel Musik, ob aus dem Barock, der Klassik oder der Avantgarde, sei ihnen „heilig“. Sogar mit einem französischen Chansonnier arbeiten sie zusammen. Das Amstel Quartet geht in den eigens arrangierten Werken manchmal auch an die Grenzen: „Nehmen wir als Beispiel Mozarts Dissonanzenquartett. Wir haben lange gezögert, bis wir es gewagt haben, solch ein beladenes Werk zu arrangieren und zu spielen. Schließlich wird sich so mancher Purist bei der Idee am Kopf kratzen“, meint Sliepen. Als sie das Stück im Saxophon-Arrangement im Amsterdamer Concertgebouw spielten, war das Publikum begeistert. Musikalische Vielfalt gewinnt – wenn sie gut gemacht ist.
Gerade nehmen die Saxophon-Virtuosen wieder ein Album auf. „Amstel Tracks II“ erscheint zum 15. Jubiläum des Quartetts, und es sind ausschließlich Werke darauf, nach denen die Zuschauer nach den Konzerten immer wieder fragten: „Gibt es das Stück schon auf CD?“
Die vier Herren des Amstel Quartets verstehen sich auch abseits der Bühne sehr gut, doch weil sie „die Quartettkollegen zeitweise häufiger sehen als ihre Lebenspartner und Familien“, verbringen sie nicht jede freie Minute miteinander. Und auch in der Musik sind sie vier Individuen mit eigenen musikalischen Vorstellungen: „Allerdings haben wir gelernt, dass man erst ein richtig starkes Quartett sein kann, wenn man sich einem Alter Ego verpflichtet, das außerhalb des eigenen Spiels existiert“, erklärt Sliepen. Für dieses Alter Ego haben die vier auch einen Namen: „der fünfte Mann“. Im Idealfall ist er auf der Bühne dabei: „Bei einer wirklich tollen Aufführung spricht eigentlich nicht mehr die Summe von vier Individuen, sondern nur noch die Stimme dieses fünften Mannes.“
Am 25. November spielt das Amstel Quartet beim NDR Podium der Jungen Werke von Bach, Ravel und Michael Nyman und ein „Überraschungswerk“ mit der NDR Big Band. Vor dem Konzert haben die vier Saxophonisten übrigens ihr ganz eigenes Ritual: „Wir haben unseren geheimen Amstel-Ruf, mit dem wir ein paar Sekunden vor jedem Auftritt unsere gemeinsame Energie bündeln“, verrät Olivier Sliepen grinsend.