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Porträt Universität der Künste

Breiter aufgestellt

Zum Sommersemester 2011 wurde der Studiengang Orchestermusiker an der UdK neu gestaltet

vonKlemens Hippel,

Die Aufgabe war ebenso lästig wie unausweichlich: Mit der Entscheidung zur europaweiten Vereinheitlichung an allen Hochschulen mussten auch die Musikhochschulen ran: Aus den alten Diplomstudiengängen, in denen die klassischen Ins-trumente von Geige bis Saxophon studiert wurden, mussten Bachelor- und Masterstudiengänge gebaut werden, die den Anforderungen des „Bologna-Prozesses“ gerecht werden. Doch wie wird aus einem Diplom-studiengang ein Bachelor- und Masterstudiengang? Entweder, so erklärt Burkhard Glaetzner, man verteilt die alten Studienanforderungen des Diploms und des Aufbaustudiums „Konzertexamen“ auf die Studienteile Bachelor (acht Semester) und Master (vier Semester) und passt sie an die neuen Gegebenheiten an. So hätten es die meisten Hochschulen auch gemacht. Oder man nimmt die unwillkommene Neuerung als Anlass, über die eigene Praxis nachzudenken: „Wir haben an der UdK beschlossen, nicht zu jammern, wie das sonst üblich ist im Hochschulleben, sondern nach vorne zu schauen und nachzudenken: Was war bisher nicht so toll? Was können wir verändern?“, sagt der Professor für Oboe. Und da er selbst in der Diskussion ganz vorne dabei war, hatte er plötzlich die ganze Organisation am Bein, denn: „Wer die Idee hat, hat auch die Arbeit“.

Die Idee ist dabei gar nicht kompliziert: Im aufbauenden Masterstudiengang wird nicht nur versucht, mehr von demselben zu machen, nämlich „das Instrument so gut wie möglich spielen zu lernen“; das hat man ja bereits im Bachelor geschafft. Vielmehr wird im Masterstudiengang eine Spezialisierung angeboten: Man kann an der UdK jetzt als „Orchestermusiker mit Schwerpunkt Alte Musik“ bzw. „Neue Musik“ seinen Master machen (dieselbe Spezialisierung gibt es auch für die Instrumentalsolisten). Der Ins-trumentalunterricht wird dann geteilt in den klassischen und den im Schwerpunkt. Dabei wird zwar, so Glaetzner, die studierte klassisch-romantische Literatur weniger, dafür aber „die Qualifikation der Musiker besser, weil sie breiter aufgestellt sind.“ Schließlich hätten sich die Anforderungen an Musiker in den letzten Jahren verändert und würden sich weiter verändern. „Wir wollen das Bewusstsein schärfen für die vielfältigen Entwicklungen auf dem Gebiet der Kunst der Aufführung von Musik“. 

Breiter aufstellen, obwohl doch jetzt schon oft zu hören ist, der Nachwuchs sei zu schlecht qualifiziert, viele Orchesterstellen seien nicht besetzbar? Gegen diesen Vorwurf wehrt sich Glaetzner vehement: „Ich habe in 40 Jahren sehr viele Studenten ausgebildet und in Orchestern verteilt. Ich weiß, wie die spielen. Die Studenten sind heute eine Klasse besser als vor 20 oder 30 Jahren. Das gilt für alle Instrumente“.

Woran liegt es dann, dass diese Kritik immer zu hören ist? „Die Orchester wollen heute vom ersten Tag an perfekte Leute haben. Keiner darf sich mehr zwei oder drei Jahre einarbeiten. Als ich mit 23 anfing als Solo-Oboist beim Rundfunk in Leipzig – was ich da alles nicht konnte. Das wäre heute unvorstellbar“, so Glaetzner.

Wie die neuen Schwerpunkte bei den Studierenden ankommen und welche Konsequenzen sie haben, darauf darf man gespannt sein. Den aktuellen Stand der Ausbildung kann man sich beim Konzert für die Nationen anhören, denn hier spielen noch die „alten“ Studenten. In ein paar Jahren kann man dann vergleichen.

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