Das Thermometer auf dem Weg zum Studio 2 zeigt 36 Grad, träge dünstet der Asphalt vor sich hin. Und doch wirkt Christina Landshamer bei der Begrüßung frisch, ja geradezu strahlend und aufgeräumt – dabei hat die Sopranistin im Funkhaus des Bayerischen Rundfunks gerade in vier intensiven Aufnahmetagen mit Liedbegleiter Gerold Huber ihre erste Solo-CD aufgenommen. Den Eindruck der Frische korrigiert sie denn auch lachend: „Fertig bin ich jetzt schon – aber eben auch sehr erfüllt.“ Schumanns „Mignons“, den Lenau-Zyklus sowie einen gemischten Liedblock haben die Künstler eingespielt, dazwischen Lieder von Ullmann gefügt, der Landshamer schon seit ihrer Studienzeit am Herzen liegt. In Schwärmen gerät die attraktive Wahl-Stuttgarterin indes nun erst einmal über „ihren“ Pianisten Huber. „Ich kenne ihn schon sehr lange, umgekehrt ist das wohl etwas anders.“ Sie schmunzelt. „Er war nämlich der Klavierlehrer meiner Cousine in Straubing – und natürlich sind wir damals zu seinen dortigen Konzerten gegangen.“
Aufgewachsen ist die gebürtige Münchnerin seinerzeit „zweisprachig“ – hochdeutsch und im Dialekt. Vor allem aber pflegte man in der großen Familie die Liebe zur Musik – und auch hier ebenso zur traditionellen Volksmusik wie zur Klassik. Der Leiter des Kirchenchores ermutigte sie dann, Gesangsunterricht zu nehmen. „Da habe ich schon gemerkt, dass mich das alleine Singen, das sich selber klingen hören, einfach besonders anspricht.“ Studiert hat Landshamer später an der Musikhochschule in München: Ein „Hexenkessel“, in dem der Start ins Berufsleben alles andere als reibungslos verlaufen sei, merkt sie rückblickend kritisch an. Wirklich gut aufgehoben fühlte sie sich erst bei Angelica Vogel, die sie – wie auch ihre zweite Lehrerin Dunja Vejzovi – bis heute berät und die sogar ihre Vorstellungen besucht.
„Ich finde dieses innere Beben einfach wunderbar“
Seither läuft es nicht nur mit dem bewussten Singen, sondern auch mit der Karriere: Wien, Salzburg, Berlin, Baden-Baden, Harnoncourt, Thielemann, Rattle – illustre Namen schmücken die Liste ihrer Auftrittsorte und Pult-Begleiter. Mozart und Händel sind dabei ihre Hausheiligen – auch, weil sie ihr „extrem wichtig für die Stimmgesundheit“ sind. Mit Strauss eröffnet sich ihr nun eine andere Galaxie: „Da geht es in die große Weiblichkeit, das erschließt andere Dimensionen – Strauss und Mahler haben mich jetzt mit Haut und Haar erobert, denn ich finde dieses innere Beben einfach wunderbar.“
Abheben dürfte die Sopranistin trotz des Aufbruchs in diese neuen „Dimensionen“ wohl kaum, dafür scheint sie zu bodenständig: „Ich bin gerne extrem gut vorbereitet, und – da kämpfen ja manche Regisseure mit mir – ich bin ein sehr, na, sagen wir mal ,sicherheitsabhängiger‘ Mensch.“ Und obendrein ein echter Familienmensch: Ihr Sohn singt auf jeden Fall die erste Stimme – das sei ihr extrem wichtig. Und gemeinsam mit ihrem Mann, Kontrabassist an der Stuttgarter Staatsoper, gelinge dieser Spagat zwischen Beruf, ständigen Reisen, Karriere und Privatleben auch gut, selbst wenn die Zeit für ein „normales“ Leben natürlich immer knapp sei.
Und wie sehen nun ihre nächsten Karriere-Wünsche aus? Landshamer lacht: „Naja, also sicher nicht so, dass ich meine, ich müsste innerhalb der nächsten fünf Jahre unbedingt an der Met singen – vielmehr bin ich auf die Weiterentwicklung meines Rollenprofils ausgerichtet.“ Nun, dafür hat sie ihr US-Debüt mit dem Pittsburgh Symphony gegeben, als Sophie im „Rosenkavalier” an der Lyric Opera of Chicago ihr Entree gehabt und ist im Frühjahr 2016 erstmals durch die Pforten der Carnegie Hall marschiert. Was ja auch schon mal nicht schlecht ist.