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Porträt Claudio Bohórquez

Fußball oder Cello?

Irgendwann musste sich Claudio Bohórquez ein für allemal entscheiden. Und traf die richtige Wahl

vonStefanie Paul,

Die richtig guten Geschichten sind doch meistens die, bei denen es um Freundschaft geht. Und so beginnt auch seine Geschichte mit einer Freundschaft: Claudio Bohórquez war gerade sieben Jahre alt, da begann sein bester Freund mit dem Cellospielen. Und was der beste Freund macht, das will man selbst natürlich auch machen. Also bettelte der junge Claudio seine Eltern an, auch Cello spielen zu dürfen. Die beiden, selbst Musiker, willigten ein, allerdings unter einer Bedingung: entweder richtig oder gar nicht. Und mit richtig, meinten sie: jeden Tag üben, zwanzig bis dreißig Minuten. „Als Kind sagst du dazu natürlich: Ja! Ohne zu wissen, was das eigentlich bedeutet“, erinnert sich Bohórquez. Und so musste der entscheidende Tag natürlich irgendwann kommen: Es war im Sommer, die Schule war gerade zu Ende gegangen und die Freunde zum Fußballspielen verabredet. Da pochten die Eltern auf die Vereinbarung – entweder üben oder das Cello kommt weg. Was also tun: Fußballspielen mit den Freunden oder allein im Sitzen hocken und Cello üben? Am Ende entschied sich der Knabe gegen den Fußball und für das Cello.

Lehrer aus Leidenschaft – und aus Dankbarkeit

Wenn Claudio Bohórquez ein Interview gibt, dann taucht eine Frage immer wieder auf: Was ist typisch südamerikanisch an ihnen? Der Musiker überlegt kurz und sagt dann lachend: „Meine langen, schwarzen Haare. Die stammen eindeutig aus Peru“. Und natürlich werde Zuhause auch auf Spanisch gesprochen. Geboren wurde Claudio Bohórquez allerdings im wenig südamerikanischen Gifhorn. aufgewachsen ist er in Karlsruhe. Sein Vater stammt aus Peru, die Mutter aus Uruguay. Beide lernten sich während des Studiums in Detmold kennen, er studierte Fagott, sie Klavier. Musik spielte im Hause Bohórquez schon immer eine wichtige Rolle. Der erste Bezug zur klassischen Musik sei über die Oper gekommen, erinnert sich Bohórquez. Als Kind hörte der junge Claudio Opern auf Schallplatte wie beispielsweise Mozarts Zauberflöte und sang dazu begeistert den Text aus dem großen Booklet mit.

Nach fünf Jahren als hauptamtlicher Professor an der Musikhochschule Stuttgart wurde Bohórquez nun zum Wintersemester 2016/2017 als Professor an die Hanns-Eisler-Musikhochschule Berlin berufen. Unterrichten sei für ihn zu einer Leidenschaft geworden, sagt er. Und es sei ein guter Weg, seinen eigenen Lehrern zu danken, so wie zum Beispiel Boris Pergamenschikow. Er hatte Bohórquez während seiner Studienzeit enorm gefördert, ihn von Köln mit nach Berlin an die Musikhochschule genommen und ihn auf seinem Weg begleitet – vom Studenten zum unabhängigen Künstler mit einer eigenen Meinung. „Dadurch ist mir bewusst geworden, wie enorm wichtig es ist, jemanden zu haben, der einen führt und anleitet.“ Außerdem lerne man bei der Arbeit mit den Studenten selbst immer noch etwas dazu, entdecke neue Ecken und Kanten in den Stücken und neue Nuancen. „Wir spielen im Unterricht die gleichen Stücke, die ich selbst auch bei Konzerten spiele“, erzählt er. Dabei treffe seine eigene Erfahrung auf die Neugierde und Interpretationsfreude der Studenten – und das sei das Spannende.

„Jeder Tag ohne Musik ist ein schlechter Tag“

Wenn Claudio Bohórquez nicht gerade ein Konzert gibt, selbst übt oder unterrichtet, hört er sich Aufnahmen an, recherchiert und wälzt Bücher. „Jeder Tag ohne Musik ist für mich ein schlechter Tag“, sagt der Cellist. So breitet sich Bohórquez sich auf seine kommenden Vorhaben vor. Während Solo-Aufnahmen in der vergangenen Zeit eher die Ausnahme waren, will er in den kommenden Jahren wieder voll durchstarten und nach und nach das Kernrepertoire für Cello aufnehmen. Viele große Musiker hätten ihre wichtigsten Aufnahmen erst ab vierzig aufgenommen. Für bestimmte Werke brauche man einfach die persönliche Reife. Die und das richtige Alter hat Bohórquez nun.

Und wer sich fragt, was eigentlich aus dem Freund damals mit dem Cello geworden ist: Der ist mittlerweile selbst ein hervorragender Cellist und Professor: Jesús Castro-Balbi. Und Freunde sind die beiden immer noch.

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