Professionelle Kammermusik ist nichts für Zweifler. Man muss das Leben im Streichquartett mit jeder Faser wollen und der Weg zum Erfolg ist lang. Und man braucht Zeit, um als Ensemble seinen eigenen Klang zu finden und um sich als Instrumentalist in eine Gemeinschaft zu fügen und trotzdem seine eigenen Ideen zu vertreten. Je früher man also zusammenfindet, desto besser. John Myerscough, Cellist des Doric String Quartet, kann sich nicht einmal mehr an eine Zeit erinnern, in der er nicht in einem Streichquartett spielen wollte: „Ich habe mir das gewünscht, so lange ich denken kann. Alex [Redington, die 1. Violine des Quartetts] kenne ich, seitdem wir neun Jahre alt waren, mit 16 haben wir dann das Quartett gegründet.“
Besseres Benehmen dank neuer Bratschistin
Dies war auch der Zeitpunkt, an dem das Leben aus dem Koffer begann, wobei das Quartett seine Konzerte gut plant und ganz bewusst nur einmal im Jahr für drei Monate am Stück auf Tournee geht. „Unser Primarius hat zwei Kinder, da geht das auch gar nicht anders. Irgendwie muss auch ein Alltag möglich sein und jeder muss sein Ding machen können, sonst hält man das langfristig nicht durch“, so Myerscough. In der Ursprungsbesetzung bestand das Doric String Quartet aus vier Männern, seit einiger Zeit gehört nun die französische Bratschistin Hélène Clément dazu, was sich laut Myerscough weniger auf das Quartettspiel als vielmehr auf ihre Umgangsformen bei den Proben auswirkt: „Hélène sorgt dafür, dass wir uns besser benehmen. In ihrer Anwesenheit machen wir weniger Blödsinn in den Proben, in der reinen Männerbesetzung war das oft anders.“
Was immer die Frage ist: Die Antwort muss »Ja« lauten
Streitereien standen aber auch schon damals nicht auf der Tagesordnung: „In Sachen Höflichkeit sind wir britische Stereotypen.“ Die Ensemblemitglieder halten es mit Valentin Erben vom Alban Berg Quartett, der ihnen einst den Rat gab, dass die Antwort immer „Ja“ lauten müsse, was auch immer die Frage sei. Mit anderen Worten: Jeder im Ensemble muss immer ernstgenommen, jede Idee zumindest auf offene Ohren stoßen.„Schließlich sollte man die Emotionen in der Musik ausleben und nicht in den Diskussionen“, resümiert Myerscough.
Fasziniert von Unterschieden der Mentalität
Mit diesen Weisheiten hat sich das Doric String Quartet sehr schnell in die Riege der führenden Kammerensembles Großbritanniens gespielt und mehrere Wettbewerbe gewonnen, darunter 2008 die Osaka International Chamber Music Competition. Nachdem sich das Quartett in Europa einen Namen gemacht hatte, folgte 2010 das Debüt in den USA, wo sie seither vom Publikum immer wieder sehr enthusiastisch und leidenschaftlich gefeiert werden – „im Gegensatz zum Publikum in Israel: Hier hören die Leute sehr konzentriert zu und geben nach dem Konzert unheimlich differenzierte Kommentare zu unseren Interpretationen“, so Myerscough. Doch gerade diese Mentalitätsunterschiede des Publikums in den verschiedenen Ländern faszinieren die Musiker, die stets den Kontakt zu den Zuhörern suchen und immer wieder zwischen den jeweiligen Werken Kurzeinführungen halten über das, was gleich erklingen soll. Doch ganz egal, in welchem Land die Musiker gerade auftreten: „Am Ende geht es darum, dass der Funke überspringt und das Publikum merkt, dass wir ganz normale Menschen sind.“
Wer Haydn spielen kann, kann alles spielen
Einen Repertoireschwerpunkt hat das Doric String Quartet ganz bewusst nicht, lieber erfreuen sich die Musiker an der stilistischen Vielfalt und am breiten Repertoire, dessen Erkundung für sie eine Lebensaufgabe ist. Einen Lieblingskomponisten hat das Quartett dennoch: Joseph Haydn, was für Myerscough auch mit der Vielseitigkeit des Ensembles zusammenhängt: „Haydns Musik beinhaltet die gesamte emotionale Bandbreite und ist eine Herausforderung, was Perfektion angeht. Oder anders formuliert: Wenn man Haydns Musik gut spielen kann, kann man alles spielen.“