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ECHO Klassik 2017: Dirigent Yoel Gamzou

Musik unter Hochspannung

Atemberaubend, besessen, genial – so wird der Dirigent Yoel Gamzou, der jetzt den ECHO Klassik erhält, immer wieder beschrieben

vonGeorg Pepl,

Gustav Mahlers 10. Sinfonie steht seit vielen Jahren im Mittelpunkt meines Lebens. Sie wurde zu einem untrennbaren Teil meiner Identität. Wir sind nahezu eins geworden – deswegen möchte ich unsere Geschichte mit Ihnen teilen.“ Wer solche Sätze schreibt, muss ein außergewöhnlicher Künstler sein. Einer, der sich mit glühendem Enthusiasmus in den Dienst einer Aufgabe stellt. Atemberaubend, besessen, genial – diese Begriffe fallen immer wieder, wenn von dem 30-jährigen Dirigenten Yoel Gamzou die Rede ist.

Yoel Gamzou: Musiker dank Mahler

Das Ausnahme-Talent wuchs in einer Künstlerfamilie auf und verbrachte seine Kindheit in New York, London und Tel Aviv. Im Alter von sieben Jahren machte er eine Entdeckung, die sein Leben prägen sollte: Er hörte Mahlers 7. Sinfonie und beschloss, Musiker zu werden. Später wurde kein Geringerer als Carlo Maria Giulini sein wichtigster Mentor.

Dazu gibt es eine romanreife Geschichte: Als Teenager reiste Yoel Gamzou nach Mailand, campierte wochenlang auf dem Bahnhof und versuchte, mit dem greisen Maestro telefonisch Kontakt aufzunehmen. Aus einer kleinen Audienz wurde dann eine Lehrzeit von zwei Jahren. Bis zu Giulinis Tod arbeitete Gamzou mehrmals wöchentlich mit dem Altmeister zusammen.

International Mahler Orchestra

Nach seinem Engagement von 2012 bis 2015 als 1. Kapellmeister in Kassel ist Gamzou seit der aktuellen Spielzeit Musikdirektor am Theater Bremen, wo er unlängst mit Dmitri Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk“ sein Debüt feierte. Außerdem dirigierte er bereits Klangkörper wie das Israel Philharmonic Orchestra oder die Stuttgarter Philharmoniker. 2006 gründete er mit gleichgesinnten idealistischen Musikern das International Mahler Orchestra (IMO) dessen künstlerischer Leiter und Chefdirigent er seitdem ist.

Innovativ, intensiv und ehrlich

Und Mahlers Fragment gebliebene Zehnte? 2010 veröffentlichte Yoel Gamzou beim Musikverlag Schott seine eigene Realisation und Weiterentwicklung der unvollendeten Skizzen – eine Konzertfassung, die er erfolgreich mit dem IMO aufführte, so auch im November 2011 in der Berliner Philharmonie.

Der Konzertmitschnitt ist ein aufwühlendes Dokument seines Ausdruckswillens. Er setzt die Musik unter Hochspannung, spitzt Kontraste zu, liebt Extreme. Genauso beschreibt er selbst die Musik. Den vorletzten Satz mit dem bezeichnenden Titel „Der Teufel tanzt es in mir“ nennt er eine „schmerzhafte Achterbahn aus Kontrasten und Visionen.“ Für den Mahler-Enthusiasten ist die Zehnte „innovativ, intensiv und ehrlich bis zu einem Grad, welcher den der meisten Kunstwerke, die ich kenne, übertrifft.“

Yoel Gamzou dirigiert Mahler:

https://youtu.be/BJKol1sxukI

Preisträger-Album

Album Cover für
Mahler/Gamzou: Sinfonie Nr. 10 Martin Homann (Percussion) International Mahler Orchestra Yoel Gamzou (Leitung) Wergo

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