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Porträt Paulus-Oper

Ein gewaltiges Erlebnis

Der Apostel Paulus ist der Titelheld einer Kammeroper von Thomas Jennefelt und Christian Lehnert

vonMichael Horst,

Kann und sollte man heute ein Stück über den Apostel Paulus komponieren? „Am Anfang war ich schon ein bisschen reserviert“, sagt Thomas Jennefelt, „und ich muss zugeben, dass ich nicht allzu viel von ihm wusste außer den Korinther-Briefen.“ Aber dann kniete sich der schwedische Komponist in den Stoff, las Literatur über Paulus und studierte das Libretto, das ihm Christian Lehnert vorgelegt hat. Lehnert, Pfarrer und Dichter zugleich, ist 2007 schlagartig durch sein Libretto für Hans Werner Henzes Oper Phädra bekannt geworden, die an der Staatsoper Unter den Linden uraufgeführt wurde.

„Er hat mich überzeugt, dass man aus dem Paulus-Stoff ein Musiktheaterstück machen kann“, erinnert sich Jennefelt. Außerdem sei ihm bei der intensiveren Beschäftigung klar geworden, wer dieser Paulus wirklich war: ein ganz gewöhnlicher Mensch, der etwas ganz Gewaltiges – die Bekehrung zu Gott – erlebt hat, zugleich eine radikale, fast anarchistische Persönlichkeit, ohne deren Wirken, so Jennefelt, das Christentum bis heute vielleicht nur „eine kleine Fraktion in der großen jüdischen Gemeinde“ geblieben wäre.

Was aber hat man sich unter dem Paulus-Projekt vorzustellen, das am 15. September in der Elisabeth-Kirche in Berlin-Mitte im Rahmen eines facettenreichen Kirchen-Kultur-Kongresses der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) seine Weltpremiere erlebt? Jennefelt selbst beschreibt es sehr genau als „eine poetische Kammeroper mit Schauspielern über ein theologisches Thema“. Um es genauer zu sagen: Für die zwölf Szenen dieser Kammeroper von knapp zwei Stunden Länge gibt es nur einen Solisten (Paulus), dazu einen achtköpfigen Chor, der verschiedene Rollen übernimmt, zwei Saxofone und Percussion. Vieles wird gesprochen, gesungen werden dagegen beispielsweise die Verse aus dem viel zitierten

1. Korinther-Brief über „Glaube, Liebe, Hoffnung“, die schon Johannes Brahms im letzten seiner Vier ernsten Gesänge vertont hat.

Der 57-jährige Schwede spricht bewusst von einem „theologischen“ Thema: „Ich komponiere keine religiöse Musik. Ich halte auch keine Predigt!“ Jennefelt treibt die Frage um, wie die Religion unsere heutige Gesellschaft formt – oder auch nicht. In einem 2009 komponierten Dixit Dominus zog er Parallelen zu den Verbrechen im serbischen Srbrenica.

Ansonsten geht der Komponist durchaus weltliche Wege: Ein für Håkan Hardenberger komponiertes Trompetenkonzert stammt von 2000, seine 2004 an der Königlichen Oper Stockholm uraufgeführte Oper trägt den Titel Sport och fritid (Sport und Freizeit).

Über die Vielzahl seiner in aller Welt aufgeführten Chorwerke kam auch der Kontakt zum Kirchenmusiker Klaus-Martin Bresgott zustande, der im Berliner Büro der Kulturbeauftragten der EKD arbeitet und den Auftrag an Jennefelt vermittelte.

„Für mich war es ein Abenteuer, die poetischen Texte von Christian Lehnert zu verstehen und mich davon inspirieren zu lassen“, gesteht der Komponist. „Aber mir ist es wichtig, immer wieder neue Wege für die Oper und das Musiktheater zu suchen.“ So wie der Apostel Paulus, der auf seinem langen Weg zu Gott über Damaskus, Korinth und Ephesus auch immer wieder neue Stationen ins Auge gefasst und erreicht hat.

Album Cover für
Signale Werke von Praetorius, Bach, Kaminski, Schöne, Jennefelt u.a. Athesinus Consort Berlin Edition Chrismon

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