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Ensembleporträt Brandenburger Symphoniker

Eine unschätzbare Arbeit

Die Brandenburger Symphoniker stehen mit ambitionierten Programmen in der Provinz ihren Mann

vonChristian Schmidt,

Besonders wenn es um die Ausstattung mit hochwertigen Kultureinrichtungen geht, stellen Hauptstädter gern ihre Privilegiertheit zur Schau: Was Berlin nicht alles zu bieten hat! Dass die Kulturlandschaft hinter der Landesgrenze zu Brandenburg nicht endet, mag manchen überraschen, der Berlin für den Nabel der Welt hält. Aber man muss sich nur 80 Kilometer in Richtung Westen bewegen, um zu begreifen, dass auch das unterschätzte Nachbarland keine musikalische Wüstenei ist.

Im über 1000-jährigen Brandenburg an der Havel gibt es seit 1866 ein Theaterorchester, das sich seit der Wiedervereinigung Brandenburger Symphoniker nennt. Unter seinem Generalmusikdirektor Michael Helmrath hat es eine Programmkultur entwickelt, die beispiellos ist für eine 73.000-Einwohner-Stadt, denn die sehr häufig ausverkauften Sinfoniekonzerte lassen mit ihrem Repertoire aufmerken. Sie sind alles andere als einer vermeintlichen Best-of-Klassik für strickende Land­frauen verdächtig; Brandenburg an der Havel hat ein überaus interessiertes Publikum, das sich auch für Neue Musik und Crossover-Projekte erwärmt. Die Besucherzahlen konnten in den letzten Jahren um das Vierfache gesteigert werden, so dass zusätzlich zu den zwei Konzertterminen am Wochenende auch noch ein Donnerstagtermin eingeführt werden musste.

Abseits des Kernrepertoires betreten die Brandenburger Symphoniker regelmäßig absolutes Neuland, seien es Jazzprojekte mit George Kranz und Joerg Widmoser oder Uraufführungen von Werken, die im Rahmen eines internationalen Kompositionswettbewerbes beim Förderverein des Orchesters eingereicht werden. „Die Moderne ist hier keine Pflichtübung, sondern selbstverständlicher Teil des Programms, aber es muss auch nicht immer Zeitgenössisches sein“, sagt Michael Helmrath, seit 1999 Generalmusikdirektor in Brandenburg und als ehemaliger Solo-Oboist bei den Münchner Philharmonikern unter Sergiu Celibidache, der sein Pulttalent erkannte und förderte. „Jede Musikepoche bietet genügend Ent­de­ckungs­möglichkeiten abseits der Hauptpfade, und den Solopart dürfen durchaus mal Mundharmonika, Kastagnetten, die chinesische Mundorgel Sheng oder ein Steptänzer übernehmen.“

Der Erhalt des Orchesters mit seinen knapp über 50 Musikerstellen war häufig gefährdet und ist auch heutzutage nicht unumstritten. Die eigene Musiktheatersparte wurde bereits geschlossen, letztlich ist das Orchester neben der Puppenbühne der einzige Hort selbstproduzierter Kultur in einem Theater, das zur Jahrtausendwende neu gebaut und doch nur als Stadthallenhülle enden sollte. Während sich die völlig überschuldete Stadt Brandenburg seit einiger Zeit zu ihren Symphonikern bekennt, behauptet das brandenburgische Kulturministerium mantraartig, die Orchesterlandschaft des Landes sei überdimensioniert, um dann durchblicken zu lassen, dass es lieber freie Gruppen fördert – hier ist die künstlerisch überlegene, aber selbstausbeuterische Potsdamer Kammerakademie gemeint –, als sich Orchester mit festen Stellen und, im Falle des Falles, teuren Sozialplänen ans Bein zu binden.

Die Skepsis unter den verbliebenen Orchestern in Frankfurt, Cottbus, Potsdam und eben Brandenburg ist demzufolge nachvollziehbar, aber sie äußert sich nicht immer in höflichen Formulierungen. Dabei ist klar: Jedes ist für sich ausgelastet, alle werden gebraucht. Die Brandenburger Symphoniker bespielen die brandenburgischen Bühnen mehr als 100 Mal im Jahr. Auch die Kammermusikreihe wird – ebenfalls mit einem hohen Anteil Neuer Musik – zum größten Teil durch Musiker der Symphoniker bestritten, häufig begleitet durch didaktische Programme. Das Orchester leistet in der Provinz eine kulturelle Basisarbeit, die unschätzbar wertvoll ist. Ob das auf Dauer so bleibt, steht in den Sternen.

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