Am 21. November 2011 jährt sich der Todestag Heinrich von Kleists, der sich und Henriette Vogel am Kleinen Wannsee das Leben nahm, zum 200. Mal. Kleists Werk jedoch hat überlebt – auf der Bühne und in der Musik.
Dabei war Kleist zu Lebzeiten nur wenig Erfolg beschieden. Von seinen Dramen konnte einzig das Das Käthchen von Heilbronn das Publikum begeistern. Legendär dagegen ist das Scheitern des Zerbrochnen Krugs in Weimar unter der Regie Goethes. Den meisten seiner Zeitgenossen galt Kleist als exaltierter Wirrkopf, der sich am Ende mit der Familie überworfen und von vielen Freunden losgesagt hatte. Auch bei der Obrigkeit war er in Ungnade gefallen. An den Maßstäben seiner Zeit gemessen, ist dieses Leben gründlich misslungen.
Trotzdem löste Kleists Dichtung von Anfang an eine Faszination aus, die sich nicht auf seine Leser und Theaterleute beschränkt. Den Urteilen Richard Strauss‘ („unkomponierbar“) und Alfred Einsteins („die musikfeindlichste Prosa, die je geschrieben wurde“) zum Trotz, beruhen über 30 Opern auf seinen Dramen und Erzählungen, hinzu kommen mehr als 20 Bühnenmusiken und einige Ballette. Allerdings konnte sich nur Henzes Der Prinz von Homburg, zu dem Ingeborg Bachmann das Libretto verfasste, einen Platz im Repertoire erobern. Auf den deutschen Spielplänen findet sich im Jubiläumsjahr 2011 nur eine einzige Kleist-Oper: Othmar Schoecks Penthesilea an der Oper Frankfurt.
Heute sind es nicht mehr Kleists Dramen, die die Komponisten anregen, sondern der Dichter selbst. Drei Opern sind zwischen 1999 und 2008 entstanden, die sich mit dem Leben Heinrich von Kleists auseinandersetzen; zwei davon, indem sie seinen spektakulären Selbstmord zum Dreh- und Angelpunkt der Handlung machen. In Die Nacht des Cherub, 1999 an der Neuköllner Oper uraufgeführt, lassen Winfried Radeke und der Librettist Rudolf Danker den erst 34jährigen in seiner letzten Nacht noch einmal die Schlachten seines Lebens kämpfen. Der Dichter als Künstler, der sich seiner Umwelt nicht mehr verständlich machen kann: Die Hauptfigur spricht, statt zu singen. In Kleists Geburtsstadt Frankfurt (Oder) wurde 2008 Rainer Rubberts Kleist uraufgeführt, eine Künstler-oper für Orchester und 16 Sänger, die Kleists Leben in Beziehung setzt zu seiner Erzählung Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik.
Am 4. November wird nun Gerhard Wimbergers Oper Heinrich und Kleist, die schon 2004 entstand, in Frankfurt (Oder) konzertant uraufgeführt. Wimberger verknüpft das Schicksal eines heutigen Paares mit den letzten Stunden Kleists und seiner Sterbensgefährtin Henriette Vogel.
Berlins musikalisches Gedenken an Kleist beschränkt sich im November auf eine kleine, aber feine Produktion: das mobile Musiktheater Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit!, in der Rubbert und Tanja Langer Musik aus der Oper Kleist und Texte aus Langers gleichnamiger Erzählung zusammenführen. Das ganze Jahr sind die beiden bereits mit ihrem Stück unterwegs, zum 200. Todestag gastieren sie in der Galerie „Mutter Fourage“ in Wannsee sowie in der Hauptstadtoper.