Einst galt sie als Wunderkind, heute ist sie ein Weltstar. Und man meint, sie bereits seit Ewigkeiten zu kennen, obwohl sie gerade erst 32 ist. Aber schließlich machte die amerikanische Geigerin Hilary Hahn schon vor über 15 Jahren – als gerade 15-jähriger Teenager – unüberhörbar von sich reden. Zwei Jahre später brachte sie ihr erstes Solo-Album heraus. Und seitdem sie sich einmal in die internationale Geiger-Elite hineingespielt hatte, ließ sie sich nicht mehr aus dieser Position verdrängen.
In all den Jahren ist Hilary Hahn ihrem Image treu geblieben: perfektionistisch, kontrolliert, makellos, ernsthaft. „Vergnügt“ zu sein, wie es der Titel einer der von ihr eingespielten Bachkantaten fordert, kam für die Geigerin nie in Frage, was sie einmal freimütig in einem Interview zugegeben hat, um dann hinzuzufügen: „Mich beschäftigt mehr die Frage, wie das auf der Geige klingen soll.“ Lieber übt Hilary, unterstützt musikpädagogische Projekte und gibt beispielsweise in diesem Jahr nicht weniger als 100 Konzerte.
Schaut man auf das Repertoire der Geigerin, stechen nicht zufällig ihre Bach- und Mozart-Interpretationen hervor; sie künden von einer inneren Klarheit und Selbstverständlichkeit, die Hilary Hahn 2007 geradezu zur idealen Gratulantin beim Konzert zum 80. Geburtstag von Papst Benedikt XVI. im Vatikan gemacht haben. Ihren ersten Grammy erhielt sie mit 23 für die Einspielung der Konzerte von Brahms und Strawinsky; ein bemerkenswerter Verkaufserfolg war auch die ungewöhnliche Kombination von Sibelius mit Schönbergs zwölftönigem Violinkonzert. Anfang 2011 erschien die CD, die als Zugpferd das unverwüstliche Tschaikowsky-Konzert mit der Erstaufnahme eines Violinkonzerts der hierzulande gänzlich unbekannten US-Amerikanerin Jennifer Higdon verbindet, ein Auftragswerk der Geigerin für eine Komponistin, bei der Hilary Hahn als Studentin am Curtis Insti-tute erste wichtige Einblicke in die Musik des 20. Jahrhunderts erhalten hat.
Hat diese höchst disziplinierte Künstlerin auch einmal keine Lust zum Üben? Kaum vorstellbar. Und dennoch hat sich Hilary Hahn mit dieser Frage beschäftigt und auf ihrer Website zwölf Lösungsvorschläge aufgelistet, die apart zwischen Ermutigung, Ablenkung und Nonsense changieren. Mach aus den ausrangierten Saiten oder Bogenhaaren ein Kunstwerk! Probiere die unmöglichsten Positionen aus, während du spielst! Mach Grimassen, stöhne, schnaufe und stampfe mit dem Fuß auf! Eigentlich schade, dass man Hilary wohl nie in einer solchen Aktion auf der Bühne erleben wird.