Die Pianistenwelt der mittelmäßigen Ebene ist gemeinhin aufgeteilt in bravouröse Tastenlöwen, die es aufs Eindruckschinden anlegen, und jene, die vor lauter Verzärtelung die Vielgestaltigkeit ambivalenter Klaviermusik negieren. Extroversion und Innerlichkeit bis zur Selbstaufgabe liegen nur bei großen Künstlern beieinander: Pianisten wie Joonas Ahonen, denen neben furioser technischer Brillanz ein nahezu lautloses Pianissimo nachgesagt wird, gibt es tatsächlich selten.
Gerade erst vierzig geworden, hat er als Klavierprofessor an der Kölner Musikhochschule schon das Erbe von Pierre-Laurent Aimard angetreten. Was ihn pressebewährt als „Wunder“ auszeichnet, ist sein wandelbares Spiel: Mag man im einen Moment glauben, er setze mit nobler Leichtigkeit die Flügelmechanik außer Kraft, scheint es im nächsten Moment, als hätten sich die Hämmerchen wirklich in Luft aufgelöst, so sanft weiß er die Saiten anzuschlagen.
Wenn er Geigen zertrümmert
Nicht umsonst hat ihn die große Geigerin Patricia Kopatchinskaja zu ihrem festen Duopartner erwählt, und mit ihr bereist Ahonen alle großen Weltsäle – und zwar mit der ganzen Bandbreite der Literatur. Dazu gehört in wesentlichem Maße auch die zeitgenössische Musik, denn der junge Finne arbeitete als Mitglied des Klangforum Wien viele Jahre lang mit führenden Komponisten zusammen. Der Mann ist ein Erlebnis – nicht nur, wenn er in Live-Performances Geigen zertrümmert.