Junge Dirigenten werden meist ja viel kritischer unter die Lupe genommen als ihre älteren Kollegen – und das, obwohl sich gerade in den letzten Jahren ein drastischer Generationenwandel vollzogen hat und die Nachwuchsmaestros immer besser ausgebildet werden. So auch der 1992 in London geborene Kerem Hasan. Seine musikalische Laufbahn begann zunächst am Klavier, da war er fünf Jahre alt. Seine Eltern, selbst keine Musiker, haben das Talent ihres Sohnes früh entdeckt und gerne gefördert. Mit zwölf Jahren besuchte der junge Brite zum ersten Mal die Junior Royal Academy of Music in seiner Heimatstadt, wo er sechs Jahre lang jeden Samstag in den unterschiedlichsten Disziplinen ausgebildet wurde. Nicht nur lernte er die Analyse von Musik und Musikgeschichte, er traf dort auch auf Kinder und Jugendliche mit den gleichen Interessen – und dirigierte im Rahmen eines von Peter Stark geleiteten Anfängerkurses zum ersten Mal ein Orchester.
Setzte sich gegen renommierte Kollegen durch
Von da an war für Kerem Hasan klar, dass er genau das machen wollte. Seine Studien führten ihn zunächst nach Schottland, ans Royal Conservatoire in Glasgow, wo er Klavier und Dirigieren studierte. Anschließend intensivierte er seine Dirigierfähigkeiten an der Zürcher Universität der Künste bei Johannes Schlaefli und in der Aspen Summer Music School. Obwohl er sich schon früh für eine Dirigierkarriere entschieden hat, ist er sich der Wichtigkeit bewusst, neben dem Dirigieren auch ein Instrument oder Gesang zu beherrschen. Wie durchdacht er an die Arbeit geht, zeigt auch sein künstlerisches Motto: „Lerne die Partitur. Lerne die Partitur. Lerne die Partitur.“ Und damit hat er Erfolg. Kerem Hasan wurde mit dem Conductor Prize des Aspen Music Festivals ausgezeichnet und setzte sich im Finale des Nestlé und Salzburg Festival Young Conductors Award gegen seine Kollegen Nuno Coelho und Marie Jacquot durch.
Seit 2019 ist Kerem Hasan Chefdirigent des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck und kommt aus dem Schwärmen für das Ensemble gar nicht mehr heraus. Schon nach dem ersten Konzert habe er eine angenehme Verbindung zum Orchester gespürt und sich sowohl mit den Musikern als auch mit der Arbeitsatmosphäre sehr wohl gefühlt, erzählt er. Deutsch spricht der Brite mittlerweile auch sehr gut – vermutlich ist das auch noch ein Überbleibsel aus seiner Zeit in Zürich.