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Porträt Ödön Rácz

Mit dem Kontrabass kann man alles schaffen

Der ungarische Kontrabassist Ödön Rácz hat durch sein sangliches Spiel seinem Instrument ganz neue Wege eröffnet.

vonWolfgang Wagner,

Eigentlich ist der Kontrabass ein Instrument, mit dem man selten im Rampenlicht steht. Wie kaum ein Künstler hat es Ödön Rácz geschafft, aus den hinteren Reihen des Orchesters hervorzutreten und alle Aufmerksamkeit auf sich und sein übergroßes Instrument zu ziehen. Wenn er von seiner Karriere erzählt, nennt er Superlative, die für viele, egal welches Instrument sie spielen, unerreichbare Träume bleiben: „Ich hatte die große Ehre, dass ich als Solist mehrfach das Vanhal-Konzert mit den Wiener Philharmonikern gespielt habe, auch im Konzertverein. Viele Kollegen sahen das als ein gutes Beispiel dafür, dass man auch mit dem Kontrabass alles schaffen kann.“ Und das hat er wirklich, seitdem er 2012 im Pausenfilm der weltweiten Übertragung des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker Rimski-Korsakows „Hummelflug“ spielte und 40 Millionen Menschen ihm dabei zusahen.

„Ich habe es leicht gehabt“

Schon seit 2009, da war er gerade 28 Jahre alt, ist Rácz Solo-Kontrabassist der Wiener Philharmoniker. Dieser frühe Erfolg verdankt sich wohl der Tatsache, dass er sich und sein Instrument immer ernst genommen hat und von den größten Musikern der Geschichte lernte. Was man auch auf dem tiefsten aller Streichinstrumente umsetzen kann, hörte er bei Pablo Casals und David Oistrach. An ihnen faszinierte ihn, dass sie ganz auf die Intention des Komponisten und den Gefühlsausdruck setzten. Immer wieder hat Rácz betont, wie wichtig ihm das Sangliche beim Musizieren ist. Von seinem Studium bei Gergely Járdanyi am Musikkonservatorium St. Stephan in Ungarn erzählt er: „Bei der Arbeit an der Phrasierung sollte ich immer wieder vorsingen, wie ich mir das vorstelle. Der Unterricht war für mich allerdings sehr peinlich, weil ich ein schlechter Sänger bin.“

Ödön Rácz
Ödön Rácz © Lukas Beck

Rückblickend findet er: „Ich habe es sehr leicht gehabt. Mein Vater war Kontrabassist, mein Großvater war Kontrabassist, mein Urgroßvater war Kontrabassist und mein Bruder ist auch Solo-Kontrabassist. Als Kind habe ich das Instrument immer zu Hause gehört und gesehen.“ Einer Familientradition folgend legte Ödön Rácz seinem Sohn unmittelbar nach der Geburt einen Bogen für sein Instrument in die Hand. Der Kleine spielt aber inzwischen Schlagzeug. „Ich kann mit diesem Instrument unglaublich schwer umgehen“, räumt Rácz ein. Beim Üben könne er seinen Sohn kaum unterstützen.

Ödön Rácz entfaltet Schmelz und Farbpracht

Dafür ist er als Kontrabassist vielen anderen ein Vorbild. Am Vortag unseres Gesprächs hat Ödön Rácz den Kontrabass seines legendären Vorgängers Giovanni Bottesini gespielt und ein kurzes Video dazu auf Facebook gepostet. Damit hatte er eine enorme Reichweite – mehr als 10.000 Menschen haben das Video gesehen. Rácz erzählt: „Da habe ich sehr, sehr viele Rückmeldungen bekommen, dass andere Kontrabassisten wieder Lust haben zu spielen. Weil sie an Bottesini denken und es motiviert sie, wie schön dieses Instrument klingt.“ Tatsächlich macht sein Spiel verblüffend ohrenfällig, wie weit der Kontrabass sich davon entfernen kann, bloß die rhythmischen Akzente zu setzen und dramatisch im tiefen Register zu grummeln. Da entfalten sich ein Schmelz und eine Farbpracht, die ganz neue Klangwelten eröffnen. Schon jetzt hat Rácz das Musikleben der Gegenwart deutlich reicher gemacht, seinem Instrument einen neuen Stellenwert erkämpft. Und da er erst 37 Jahre alt ist, darf man noch einiges erwarten.

Sehen Sie hier den Trailer zu Ödön Ráczs Album „My Double Bass“:

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