Alte-Musik-Liebhaber kennen und schätzen das Ensemble. Andere dürften sich wundern, dass sich hinter dem Namen „Lautten Compagney“ ein Kammerorchester für die Musik des 17. bis mittleren 19. Jahrhunderts verbirgt. Er erklärt sich aus der Geschichte: 1984 fanden sich zwei Gitarrenstudenten der Hochschule Hanns Eisler zu einem Lauten-Duo zusammen: Wolfgang Katschner und Hans-Werner Apel. Bald kam der Wunsch auf, mit Sängern und anderen Musikern zusammenzuarbeiten, 1996 wurde schließlich die erste Musiktheaterproduktion gestemmt. Inzwischen hat sich die Lautten Compagney zahlreiche Konzertprogramme und Opernwerke erarbeitet – in unterschiedlichen Besetzungen bis hin zum 25-köpfigen Orchester. Angegliedert ist seit 2002 auch ein Chor, die Capella Angelica. Den festen Kern bilden zwölf Musiker – Streicher, Bläser und ein groß besetzter basso continuo. Organisiert ist die Lautten Compagney noch immer als GbR mit zwei Gesellschaftern, von denen einer als musikalischer Leiter wirkt: Wolfgang Katschner. Das unterscheidet die Lautten Compagney von den meisten anderen, basisdemokratisch verfassten Alte-Musik-Ensembles.
Das zweite Alleinstellungsmerkmal liegt in der Bandbreite der Programme. Denn Wolfgang Katschner, der im Februar 50 wird, ist ein vielfältig interessierter Mann – und entsprechend vielfältig ist das Repertoire des Ensembles, das sich von Monteverdi bis Mendelssohn, von Tanzmusik bis zum Oratorium erstreckt und gern auch mal Ungewöhnliches kombiniert. Mit Freuden stöbert Katschner in Archiven und Bibliotheken Trouvaillen auf, die vom Ensemble selbst ediert werden. Ihn ärgert allerdings, dass sich Veranstalter an vieles Lohnende nicht herantrauen. Und dass staatliche Fördermittel beispielsweise in eine zweite große Händel-Edition fließen, während die Forschung zu Größen wie Schein, Scheidt oder Schütz ausbleibt. „Natürlich ist Bach toll, und bevor ich eine überflüssige Ausgrabung von Stölzl spiele, mache ich lieber nochmal das Weihnachtsoratorium. Aber bei Bach ist alles um- und umgewendet. Dabei gibt es so viel großartige Musik zu entdecken! Rosenmüller ist, was die geistliche Musik betrifft, qualitativ auf einer Stufe mit Monteverdi, Johann Theiles Weihnachtskantate hat Hitcharakter. Auch Zachow ist ein ganz toller Komponist – aber keiner kennt ihn, und kein Veranstalter setzt ihn aufs Programm.“
Dass sie ihre Programme „verkaufen“ können, ist lebensnotwendig für die Lautten Compagney. Das Ensemble erhält hier und da Projektförderung, eine Bürokraft wird über ein Kommunalprogramm finanziert. Doch ansonsten müssen die Honorare – alle Musiker und Büromitarbeiter sind Freiberufler – über Eintrittsgelder und Gagen finanziert werden. „Ich bin mit dem freien Arbeiten groß geworden und liebe das“, sagt Katschner. „Die Qualität unserer Arbeit bestimmt, wie das ganze Ding läuft. Man spielt in jedem Konzert um sein Leben. Aber man stößt auch immer wieder an Grenzen. Die Decke ist dünn, der Rubel muss rollen. Mit einer Sockelförderung wäre unser Leben einfacher.“
Umso erstaunlicher, wie viele Projekte die Lautten Compagney auf die Beine stellt, nur selten fungiert sie als Begleitorchester eines Stars. „Wenn man sich über Jahre etwas aufgebaut hat, ist es kein gutes Gefühl, mit einem Star auf Tournee zu gehen: Die Leute feiern ihn oder sie, und das Orchester ist mehr oder weniger austauschbar. Und der Solist bekommt die doppelte Gage wie die 20 Musiker des Ensembles zusammen.“
Es gibt feste Kooperationen, etwa mit der Singakademie zu Berlin – für diese Projekte wurde 2009 die Symphonische Compagney gegründet. Auf dem CD-Markt sind Katschner und seine Mitstreiter gut präsent, die neue Purcell-CD hat sich zum echten Hit entwickelt, ebenso das Echo-Klassik-prämierte „Timeless“-Projekt, bei dem sie Werke des Frühbarock-Komponisten Tarquinio Merula mit denen des Minimalisten Philip Glass kontrastieren. Die Lautten Compagney ist in aller Welt unterwegs, im März wird sie Händels Serse in Auckland und Wellington aufführen. In Berlin, wo die Akademie für Alte Musik und das Freiburger Barockorchester eigene Abo-Reihen unterhalten, ist sie allerdings selten zu erleben. Das nächste Mal am 17. Februar im Neuen Museum.