Wer Magali Mosnier in ihrer Pariser Wohnung anruft, hört sie zwischendurch auch mal scheppern und mahnen: Im Zweitberuf ist die Flötistin nämlich Mutter. Vielleicht hat sie sich auch deshalb trotz ihrer frühen Karriere eine natürliche Freundlichkeit bewahrt – schon bevor sie den Internationalen Musikwettbewerb der ARD gewann, war sie nämlich mit gerade einmal 26 Jahren Soloflötistin im Orchestre Philharmonique de Radio France geworden.
Von der Oboen-Katastrophe zur Flöten-Begeisterung
Dabei kann die zarte Frau mit den rehbraunen Augen durchaus als bestes Beispiel für das Einssein eines Musikers mit seinem Instrument gelten, gerade wenn man sich vor Ohren führt, welch seidigen und geschmeidigen Flötenton die junge Französin pflegt: fern aller Öligkeit, abseits eines überdimensionierten Vibratos, das so mancher Solokollege gern zur stärkeren Beeindruckung des Publikums kultiviert. Und das, obwohl sich Magali Mosnier als Kind zuerst für die Oboe entschieden hatte: „Ich wollte von Anfang an ein Blasinstrument spielen. Aber das war so eine Katastrophe, dass meine Eltern damals zum Direktor gegangen sind, um nach Alternativen Ausschau zu halten“, erinnert sie sich lachend. „Dann fanden wir einen tollen Flötenlehrer, und ich war Feuer und Flamme.“
Dennoch: Ihr Instrument sieht Magali Mosnier eher pragmatisch. „Natürlich mag ich meine Flöte, ich habe dafür ein Bewusstsein. Letztlich ist es aber eben nur im wahrsten Sinne des Wortes ein Instrument, um meine Persönlichkeit nach außen zu tragen. Es hat keine eigene Seele – das wäre eine Mystifikation.“ Gäbe es also noch eine Alternative? „Singen würde ich sehr gern, aber dafür ist es zu spät, da hätte ich vor vielen Jahren anfangen müssen. Dafür braucht es Kontinuität – und ich bin faul.“ Eigentlich hätte Magali Mosnier diese Koketterie nicht nötig. Denn neben ihrem Orchesterberuf tourt sie fleißig als Solistin, Anfang des Jahres ist zudem bereits ihre dritte Solo-CD mit Mozartwerken erschienen. Moment mal, Mozart? War das nicht jener zu starken und leider auch ablehnenden Gefühlen neigende Meister, der die Flöte verabscheute? Sich geradezu störrisch bei seinem Vater darüber beklagte und Aufträge für das Instrument nur annahm, wenn sie besonders lukrativ waren?
Eine Musik wie von Engelsstimmen gesungen
„Das haben wir lediglich aus seinen Briefen erfahren. Aber ich glaube, er hatte einfach keine Gelegenheit, gute Instrumentalisten zu finden.“ Nein, das ist kein Schönreden: Magali Mosnier nimmt man ab, dass sie sich ausführlich mit Mozart beschäftigt, sogar Opernarien für die Flöte arrangiert hat. „Er kam einfach zum falschen Zeitpunkt, die Flöte entwickelte sich gerade weiter. Immerhin hatte die Traversflöte schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel, man experimentierte mit anderen Techniken.“ Und tatsächlich: Wenn man den Soli in seinen Solokonzerten und Sinfonien lauscht, „dann hören Sie die Engelsstimme“. Vielleicht hätte Mozart wirklich nicht so schön für die Flöte komponiert, wenn er sie tatsächlich gehasst hätte. Oder kann man sich so etwas auch einreden?
Muss man gar nicht, denn Mosnier wagt sich auf weite(re) Felder des Repertoires: Besonders gerne tummelt sie sich in der zeitgenössischen Literatur. „Diese Musik hat einen großen Platz in meinem Leben, schon allein weil wir im Orchester sehr viel davon spielen.“ Mehrfach trat Mosnier beim Festival für moderne Musik von Radio France auf, vor einigen Monaten nahm sie moderne Kammermusik mit dem Parisi Quartet auf, und in der nächsten Saison hebt sie das Flötenkonzert ihres Landsmannes Pascal Dusapin aus der Taufe. „Natürlich ist die Annäherung manchmal schwierig, aber ich mag die Zusammenarbeit mit den Komponisten – und wenn wir ihre Musik jetzt nicht spielen, wird sie nie jemand schätzen.“ Mozart lässt grüßen.