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Porträt Martin Mitterrutzner

Auf der Überholspur

Ob auf der Opernbühne oder beim Liederabend: Für den Tiroler Tenor Martin Mitterrutzner ist das Singen mehr Berufung als Beruf.

vonJohann Buddecke,

„Grüß Gott! Stört es Sie, dass ich noch im Auto sitze?“, tönt eine Stimme lässig aus dem Telefonhörer. Am anderen Ende der Leitung spricht Martin Mitterrutzner, ein Tenor, der nicht nur im Auto auf der Überholspur ist. Gerade noch vor dem zweiten Lockdown hat der aus Tirol stammende Sänger an der Wiener Volksoper in der Rolle des Tamino in Mozarts ­„Zauberflöte“ die Opernwelt begeistert. Wenn alles gut läuft und die Pandemie eine baldige Wiederaufnahme des Spielbetriebs zulässt, wird sein nächster Zwischenstopp die Bayerische Staatsoper sein. Anschließend steht im Januar die Semperoper in seinem Kalender.

Insgesamt 27 Länder von Australien bis Amerika hat Mitterrutzner, der das Singen selbst nicht als Beruf, sondern als Berufung bezeichnet, im Laufe seiner Karriere bereist – Tendenz steigend. „Was will man mehr“, entgegnet Mitterrutzner. „Ich habe einfach großes Glück, an vielen wundervollen Häusern mit den Menschen, die ich gerne mag, Musik zu machen.“ Was bei seinem bisherigen Karriere­weg fast ein bisschen zu bescheiden klingt, gehört zur zurückhaltenden Art des Tenors, der bereits in frühesten Kindestagen damit begann, in verschiedenen Knabenchören zu singen. „Ich habe auch verschiedene Instrumente ausprobiert, allerdings nie eine Leidenschaft entwickelt“, analysiert er knapp. „Nach der Schule habe ich mich schließlich dazu entschlossen, professioneller Musiker zu werden. Mehr als schiefgehen konnte es ja nicht.“

Martin Mitterrutzner: Opernstar und Liedsänger

Martin Mitterrutzner
Martin Mitterrutzner

Sein Plan ging auf: Es folgte ein Studium bei Brigitte Fassbaender, anschließend debütierte er 2003 am Tiroler Landestheater Innsbruck als Ottokar im „Zigeunerbaron“. 2006 folgte dort das feste Engagement. „In Innsbruck habe ich mir nicht nur meine ersten Rollen erarbeitet, sondern konnte erstmals richtig Opernluft schnuppern.“ Eine prägende Zeit nennt es Mitterrutzner im Rückblick, der 2011 an die Oper Frankfurt wechselte, wo er unter anderem 2014 als Fenton in Keith Warners „Fallstaff“-Inszenierung und in Christoph Loys „Don Giovanni“-Neuinszenierung in der Hauptrolle debütierte. „Dort bin ich stimmlich wesentlich reifer geworden, weil einfach herausforderndere Partien auf mich zukamen.“

Nebenher ist Mitterrutzner heute mit Gerold Huber auch als Liedinterpret erfolgreich – die Londoner Wigmore Hall stand bereits ebenso auf dem Tourneeplan wie der Heidelberger Frühling oder die Schubertiade Vorarlberg. Das Lied nimmt für ihn einen, wie er sagt, „stimmhygienischen Stellenwert“ ein. „Man muss die Stimme einfach etwas schlanker nehmen. Zudem ist es künstlerisch sehr erfüllend, weil man seine eigenen musikalischen Ideen hervorbringen kann.“ Trotzdem ist sich Mitterrutzner auch den Erwartungen des kritischen Publikums bewusst. „Es ist nicht mein Anspruch, um alles in der Welt ein Weltstar in der Klassik zu werden“, fügt er zum Gesprächs­ende schon wieder ganz bescheiden hinzu. Im Hintergrund hört man den Blinker seines Autos klackern. Nächste Karriereabfahrt: München.

Album Cover für Berg: Wozzeck

Berg: Wozzeck

Martin Mitterrutzner (Tenor) Frankfurter Opern- und Museumsorchester Sebastian Weigle (Leitung) Oehms Classcis

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