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Porträt Maximilian Haberstock

Früh übt sich

Maximilian Haberstock gründete mit fünfzehn sein eigenes Orchester, heute steht der belesene Dirigent in den Startlöchern für die ganz große Karriere.

vonTeresa Pieschacón Raphael,

Als am ersten Advent 2019 der erst 15-jährige Maximilian Haberstock mit seinem selbst gegründeten Arcis-Kammerorchester aufs Podium des Hubertussaals im Nymphenburger Schloss trat, wurde es still. Kurz zuvor war die Nachricht eingetroffen, dass Mariss Jansons – Haberstocks bis dahin wichtigster Mentor – verstorben war. Er widme Jansons nun dieses Konzert, so Haberstock in seiner Begrüßung. Und: „Ich hoffe, dass ich ihn eines Tages sehr stolz machen kann.“

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Sein großes Talent hat Haberstock nie als etwas Besonderes gesehen – das, was daraus folgte, war allerdings mit „normalen“ Maßstäben nicht zu messen. Ein berühmter Dirigent, der ihn bereits ab dem elften Lebensjahr alle paar Monate zur „Audienz“ einberief, wie Haberstock die Treffen mit Mariss Jansons nennt. Ein Auftritt als Pianist in der Carnegie Hall mit dreizehn Jahren. Ein weiterer auf Schloss Bellevue, wo er mit Lang Lang vierhändig spielte, in Anwesenheit des Bundespräsidenten. Dennoch: Pianist wollte er nie werden. Sondern Dirigent. Das wusste er bereits mit elf Jahren.

Und so fing er an, sich für die großen Dirigenten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu interessieren, wie Hans von Bülow, Wilhelm Furtwängler oder Hans Knappertsbusch. Nicht nur optisch identifiziert er sich mit ihnen: Auf Bildern sieht man ihn im hochgeschlossenen Dreiteiler mit Vatermörderkragen, auf der Bühne im klassischen Frack mit White Tie. Auch ihre Schriften hat er verinnerlicht, besonders Richard Wagners Abhandlung „Über das Dirigieren“ von 1869. Und könnte stundenlang über das Verhältnis zwischen „Werk, Komponist und Interpret“ referieren. Es sollte stets im Gleichgewicht sein: „Interpreten sind nicht Diener oder Sklaven des Komponisten, sie sind auch nicht Nachschöpfer, sie sind Mitschöpfer“, so Haberstock.

Interpreten hätten demzufolge „nicht nur ein Recht, sondern sogar die Pflicht einzugreifen, wenn etwas aus der Partitur erkennbar und vom Komponisten intendiert, aber nicht klar ausgeformt ist“. Am Beispiel einer Beethoven-Sinfonie referiert er umfassend und kenntnisreich über die „Retuschierungspraxis“, die unter Musikern ein Tabu-Thema, aber seit Gustav Mahler recht gängig ist. 

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Das „Gespräch mit dem Komponisten“ suchen 

Doch all das frappierende Wissen und Können änderte nichts an der Tatsache, dass kein professionelles Orchester einen Fünfzehnjährigen einladen würde, um von ihm dirigiert zu werden. Also stellte sich Maximilian ein eigenes zusammen. „Ich kannte einige Studenten an der Hochschule. Die kannten wiederum andere, und dann fand sich ein Ensemble von gut zwanzig jungen Musikern. 2019 machten wir ein Haydn-Projekt in Schloss Nymphenburg. 2020 realisierten wir ein Mozart-Programm.“ Heute nennt sich das Ensemble „Junges Philharmonisches Orchester“ und zählt 52 Musikerinnen und Musiker.

Genügend Zeit für Proben muss es geben, nicht nur für das Orchester, auch für ihn selbst. „Man muss lernen, den gesamten Inhalt in einen kleinen Schlag zu packen“, sagt er. Nur dann kann „das Gespräch mit dem Komponisten“ beginnen und die Musik lebendige und beseelte Gestalt annehmen. Schon deshalb könne die KI keinen Dirigenten, keine Dirigentin ersetzen. Eine KI würde „maximale Perfektion erreichen“. Doch in der Musik stecke sehr viel mehr. „Erst das gemeinsame Streben und Ringen um eine optimale Umsetzung der Werke sind das entscheidende Zentrum unseres Agierens“, sagt er und zitiert Goethes Faust: „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.“

Vielleicht ist ihm das gar nicht bewusst, aber ganze siebzig Mal wird er Beethoven in unserem zweieinhalbstündigen Gespräch erwähnen, durchschnittlich jede zweite Minute. „Beethoven ist für mich der Gigant, Kern und Angriffspunkt meines gesamten Repertoires“, weshalb ausschließlich dieser in zwei Konzerten in München und in Salzburg auf dem Programm steht

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