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Porträt Melton Tuba Quartett

Geliebtes Blechmonstrum

Das Instrument des Jahres 2024 lebe nicht dreimal, sondern viermal hoch – Vorhang auf für das Melton Tuba Quartett!

vonHelge Birkelbach,

Was haben Rossinis „Wilhelm Tell“-Ouvertüre, Händels Hallelujah, der Bossa Nova „Desafinado“ des Brasilianers Antônio Carlos Jobim und „Mein kleiner grüner Kaktus“ von den Comedian Harmonists gemeinsam? Die Tuba! Man mag es kaum glauben: Alle diese Gassenhauer, die quer durch die Musikgeschichte sausen, gehören zum festen Repertoire eines Quartetts, das sich ausschließlich aus Tubisten zusammensetzt. Alle vier spielen in namhaften deutschen Sinfonieorchestern. Hartmut Müller ist einer von ihnen. Er kommt vom Wuppertaler Sinfonieorchester und hat das ungewöhnliche Blechensem­ble 1987 mitgegründet. Die Auftritte des Melton Tuba Quartetts geraten mitunter zu Happenings, denn der verschmitzte Humor der vier Herren ist ansteckend. „Generell hilft Humor in allen Lebenslagen“, sagt der stämmige Tubist. „Eine einzelne Tuba ist ja schon enorm riesig und sieht auf den ersten Blick unförmig aus. Und das nun mal vier!“

Dieser Anblick sorgt nicht nur auf der Bühne für Erheiterung. Das Quartett hat diverse Arrangements aus seinem breiten Repertoire filmisch in Szene gesetzt und auf Youtube und der eigenen Website veröffentlicht. Eins der erstaunlich professionell produzierten Videos zeigt die vier Musiker kostümiert als „Küchenschaben im Mülleimer“, die einen Ausschnitt aus Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ zum Besten geben. Moment mal: Waren das im Original nicht Küken in Eierschalen? Hartmut Müller lacht: „Genau richtig! Wer das Original kennt, hört dort die hohen Streicher und Holzbläser brillieren. Auf vier Tuben klingt das natürlich ganz anders. Der von uns gewählte neue Titel war ein lustiges Bonmot unseres genialen Arrangeurs Ingo Luis. Er wollte uns offensichtlich mit dieser Überschrift ärgern, aber das lassen wir gar nicht erst zu. Da lachen wir lieber gemeinsam!“

Die Auftritte des Melton Tuba Quartetts geraten mitunter zu Happenings
Die Auftritte des Melton Tuba Quartetts geraten mitunter zu Happenings

Der fünfte Melton

Ingo Luis gehört nicht zum Quartett, ist aber neben Hartmut Müller und seinen Mitstreitern Heiko Triebener (Bamberger Symphoniker und Bayerische Staatsphilharmonie), Jörg Wachsmuth (Dresdner Philharmonie) und Ulrich Haas (Duisburger Philharmoniker) ein wichtiger Faktor. Der „fünfte Melton“ sozusagen. Ohne ihn wären die inzwischen sechs veröffentlichten CDs mit ihrem breiten Repertoire und dem herausragenden Gesamtklang, der auch den im klassischen Orchestersatz eher unterrepräsentierten Ober- und Mittellagen der Tuba zur Geltung verhilft, sicher so nicht realisiert worden. Die meisten der Arrangements werden in der ensembleeigenen Edition verlegt, über fünfzig Notenausgaben sind bisher erschienen.

Originalwerk für Tubaquartett und Orchester

Das Quartett geht aber mit seinem musikalischen Zugriff noch weiter und setzt nicht nur auf Arrangements, sondern hat auch Originalwerke im Programm. Da diese denkbar rar gesät sind, vergibt das Ensemble seit vielen Jahren Auftragskompositionen. So schrieb der amerikanische Tubist und Komponist John Stevens 2009/10 mit dem Grand Concerto „4 Tubas“ erstmals ein Originalwerk für Tubaquartett und Orchester. „Inzwischen schauen wir stolz auf 27 Aufführungen zurück“, resümiert Hartmut Müller. „Dies ist für eine so ungewohnte Besetzung sicher sehr außergewöhnlich. Das Tolle daran: Das Concerto macht nicht nur dem Publikum viel Freude, sondern auch den Musikern der beteiligten Orchester.“ Was eigentlich die Frage erübrigt, was denn die lieben Kollegen in ihren eigenen Orchestern über die seltsamen Aktivitäten ihrer (Solo-)Tubisten denken. „Wir erleben immer wieder eine große Sympathie – und bei dem einen oder anderen sogar ein wenig Neid. Denn ein Quartett über so große Distanzen und mit so vielen terminlichen Schwierigkeiten immer wieder neu zu erfinden und mit Spielfreude dabei zu sein, ist alles andere als selbstverständlich.“

Weltweit ist die Formation eines Tubaquartetts sehr populär, es existieren zahlreiche ihrer Art. „Sie sind in der Regel jedoch etwas anders zusammengestellt als wir“, erklärt Gründungsmitglied Hartmut Müller. „Wir sind alle ausgebildete Basstubisten und in unserem Ensemble spielt kein Euphonium-Spieler oder Posaunist die hohen Stimmen.“ 2024 könnte nun das Jahr des Melton Tuba Quartetts werden. Denn als „Instrument des Jahres“ wird ihr geliebtes Blechmonstrum sicher im Fokus stehen.

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