Wo feiert man ein Bergfest schöner als auf einem Berg? Die Festivalmacher der Festspiele Potsdam Sanssouci haben für ihr Halbzeit-Fest etwas ganz besonderes aufgetan: die Tore zum Winzerberg nämlich, der Berlinern und anderen Nicht-Potsdamern kaum ein Begriff sein dürfte. Zumindest vom Namen her. Denn wer mit offenen Augen durch Potsdam fährt, dem fielen schon immer auf dem Weg vom Zentrum die Schopenhauerstraße hinauf nach Sanssouci, rechts der Straße gegenüber der Friedenskirche, ein reich skulptiertes Triumphtor und dahinter eine große Terrassenanlage auf, die, eingezäunt und abgesperrt, friedlich vor sich hin verfiel.
Doch nun tut sich mächtig was. Nachdem man lange Zeit aufgrund von falschen Bauzeichnungen davon ausgegangen war, man könne die spätbarocke Anlage nicht sanieren, stellte der Ingenieur Sebastian Miethe in seiner Diplomarbeit 2004 fest, dass die Fundamente eben nicht nur einen, sondern fünf Meter tief gegründet und die Hangmauern also standfest sind. Kaum war dies bekannt, fanden sich engagierte Potsdamer Bürger zum „Bauverein Winzerberg e.V.“ zusammen, um sich des einstigen Kleinods anzunehmen. Weil die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten kaum Geld hat, den Winzerberg zu sanieren, wollte man ehrenamtlich anpacken – und hat in den letzten Jahren, in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege, einiges geschafft.
Zwar bleibt noch viel zu tun, bis hoffentlich 2015 der erste neue Wein angepflanzt werden kann, doch ein so großer Teil der Anlage ist bereits gesichert und saniert, dass man das Areal nun erstmals für das große „Weinbergfest“ öffnen kann.
Da passt es gut, dass sich beim diesjährigen Festival alles um Preußens Beziehung zu Sachsen dreht: Friedrich Wilhelm I. und August der Starke schätzten einander sehr, der Soldatenkönig war dem Wein ebenso zugetan wie sein sächsischer Kollege, was beim vierwöchigen Staatsbesuch des Preußen in Dresden 1728 dann auch zu zahlreichen fröhlichen Gelagen führte. Währenddessen ließ sich der junge preußische Kronprinz von Sachsens Musikkultur faszinieren – mit seiner Hofkapelle eiferte er später erfolgreich dem sächsischen Vorbild nach. Doch auch Friedrich war ein Weinfreund. Und so war es auch der spätere „Große“, der 1763 neben seinem Sommerschloss Sanssouci den Winzerberg anlegen und hier Wein anbauen ließ.
Unter Friedrich Wilhelm IV. wurde die Anlage mit ihren vier Weinterrassen beträchtlich verschönert: Gartendirektor Peter Joseph Lenné entwarf 1848 den unteren Treppenaufgang mit dem monumentalen Haupt des Weingottes Bacchus, 1849 kam das Winzerhaus von Ludwig Ferdinand Hasse hinzu, 1850-1851 nach Plänen August Stülers das Triumphtor.
Ab 1944 entstand dann unter dem Weinberg eine Luftschutzanlage, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit Trümmerschutt verfüllt und verdichtet wurde – wobei Teile der Hangmauern einstürzten. Seitdem verfiel der Winzerberg durch Witterung und Wurzelwuchs und wäre sicherlich weiter verfallen, hätte ein junger Ingenieur nicht Hasses Bauzeichnung von 1854 angezweifelt.
Welch idyllische Anlage Potsdam bald wiedergewinnen wird, davon kann man sich am 18. Juni überzeugen. Das Vocal Concert Dresden wird Trinklieder zum besten geben, die Band der Geigerin Martina Eisenreich einen Stilmix von Filmmusik über Folk bis Rock präsentieren, und Artisten der Feuerkunst Berlin erleuchten die Terrassen mit einem festlichen Feuertanz. Dazu werden Führungen über das Gelände und kulinarische Genüsse aus Sachsen angeboten. Und bei all dem Kultur- und Kulinargenuss tut man auch noch etwas Gutes: Ein Teil des Eintritts wird der Restaurierung des Winzerbergs zugeführt.