Hört man Valer Sabadus zu, lassen das kristallklare Timbre und die sichere Höhe ganz schnell aufhorchen. Der 27-Jährige geht mit einer großen Natürlichkeit an seine Begabung heran. Von Dirigent Michael Hofstetter entdeckt, erarbeitete sich der junge Countertenor trotz seines jungen Alters schon erkleckliche Referenzen. Er singt regelmäßig Titelpartien in Barockopern an großen Häusern, nahm einige CDs auf und steht nun beim Großlabel Sony Classical unter Vertrag.
Wie der Zufall dem Countertenor auf die Sprünge half
Aus einer musikalischen Familie in Rumänien stammend, siedelte die Mutter 1991 nach der Revolution und dem Tod des Vaters nach Deutschland zur Großmutter über. „Rumänien betrachte ich schon als meine Urheimat, das merke ich immer, wenn ich mit meiner Oma rede“, sagt Sabadus so freimütig, als begegne er einem in der Mensa. Seine Sprechstimme schallt metallisch-tenoral, aber dem Countertenor hört man das Vorbild an: Sabadus war 17, als er mit seiner Mutter eine Fernsehsendung sah, in der Andreas Scholl auftrat. „Mehr aus Spaß habe ich das einfach mal nachgemacht, und plötzlich blickte mich meine Mutter überrascht an und sagte, ich sei ein Countertenor!“ Unwillkürlich blinzelt dann doch der Tiefstapler aus den freundlichen Augen: „Den Gesang professionell zu betreiben, war nie mein Plan. Aber für das Klavier war ich zu faul, und meine Mutter hat mich nicht gerade mit der Peitsche hingetrieben. Nur beim Chorsingen hatte ich mich immer am wenigsten anstrengen müssen.“ Noch 17-jährig begann Sabadus seine Ausbildung an der Münchner Musikhochschule.
Schon als Knabensopran hatte Valer Soloerfahrung gesammelt, noch bevor er zur Geige griff und auf die Tastatur reichen konnte. „In der Pubertät erlebte ich das große Glück, trotz Stimmbruch weitersingen zu können. Die hormonelle Umstellung war ganz normal verlaufen, nur ohne Registerbrüche“, erinnert sich der Sänger, für den diese Wandlung ja noch nicht ewig zurückliegt. Aber er erzählt davon – wohlgemerkt ohne jede Allüren –, als wäre es eine halbe Karriere her. Und irgendwie stimmt das ja auch.
Keine Probleme mit altbekannten Klischees
Eigentlich tenoraler Bariton, konnte und wollte Sabadus nicht forcieren – das Falsett kam praktisch als Erleichterung wie von ganz allein. „Da habe ich aus der Not eine Tugend gemacht: Die Musikalität hatte ich ja ererbt – mein Vater war Cellist, meine Mutter Pianistin, und ich saß schon als Zweijähriger bei ihren Konzerten im Saal, damals noch in Arad. Aber die Gesangstechnik musste ich mir hart erarbeiten, dafür braucht man eine sehr feine Motorik.“ Schließlich reagiert der Stimmapparat viel schneller auf Veränderungen. „Die Fähigkeit, damit umzugehen, habe ich so langsam wie nötig versucht aufzubauen.“
Was ist das Geheimrezept für einen guten Countertenor? „Natürlichkeit ist das Wichtigste, dann können sich die Zuhörer nach einer kleinen Überwindung gut daran gewöhnen“, meint Valer Sabadus, der wenig Probleme mit altbekannten Klischees hat. Vielen sei das Falsett inzwischen aus der Popmusik vertraut. „Entscheidend ist doch, dass man die Stimme nie in eine Korsage zwingen darf, denn Künstlichkeit hört man immer.“
Manierismen ergeben sich auch szenisch nicht von vornherein aus der Textur einer Barockoper, dem klassischen Wirkungsfeld für einen Countertenor. „Hier muss man sich selbst ein bisschen auf die Schippe nehmen, die festgefügte Struktur verlebendigen.“ Die Schablonen Liebe, Rache, Tod oder Sterben würden längst nicht mehr nach Opernnummern isoliert. Und gerade bei selten aufgeführten Barockopern, für deren Partien nicht mal schnell jemand einspringen kann, wird den Protagonisten eine Inszenierung eher auf den Leib geschneidert. „Populär sind diese köstlichen alten Stücke ja vor allem deshalb, weil sich jeder gern in die Zeit der herrschaftlichen Strukturen versetzt“, meint Valer Sabadus. „Die Stücke sind ja meistens für ein höfisches Publikum konzipiert, und es macht einfach Spaß, ein Teil davon zu sein.“