Startseite » Porträts » Improvisiert und lebendig wie in der Taverne
Anzeige

OPUS KLASSIK 2018: Bjarte Eike und das Ensemble Barokksolistene

Improvisiert und lebendig wie in der Taverne

Klassik ohne elitäres Gehabe? Das geht. Bjarte Eike und sein Ensemble Barokksolistene erhalten am 14. Oktober im Berliner Konzerthaus einen OPUS KLASSIK in der Kategorie „Klassik ohne Grenzen“.

vonWolfgang Wagner,

„Es ist einfach nur alte Popmusik“, lautet das Motto von Barokksolistene. Für ihr jüngstes Projekt „The Alehouse Sessions“ hat ihr Konzertmeister Bjarte Eike Musik zusammengestellt, die in den englischen Pubs des ausgehenden 17. Jahrhunderts gespielt wurde. Dort ging es hoch her, es wurde mitgesungen und getanzt. Wie vor diesem Hintergrund zu erwarten, verweigert sich das Ergebnis den etablierten Konzertkonventionen.

Eike und seine Barokksolistene wollen von der klassischen Musik die steife Etikette lösen, um möglichen Hemmungen vorzubeugen, die sie bei Konzertbesuchern auslösen könnte, die mit diesem Genre weniger vertraut sind: „Das heißt nicht, dass klassische Musik populärer oder leichter werden soll, sondern dass wir uns bewusst werden müssen, weshalb wir diese Musik spielen, welche Zwecke wir damit verfolgen und welche Erfahrungen wir für das Publikum und uns selbst anvisieren.“ Alte Popmusik? Ja, aber bitte mit Substanz.

Eine feurige Mischung

Wie eingangs erwähnt, hat die britische Musikkultur des 17. Jahrhunderts völlig anders ausgesehen. 1642 stellte sich dort eine absolute Ausnahmesituation ein, nachdem infolge eines Bürgerkrieges alle Theater schließen mussten und es verboten worden war, durch Aufführung von Musik Geld zu verdienen. In den Jahren bis 1660 blühte deshalb die englische Pubkultur auf. Und weil es meistens keine Bühne gab, waren Publikum und Musiker einander sehr nahe.

Diese Zeit lassen Bjarte Eike und die Barokksolistene wieder aufleben. Sie haben aber nicht einfach alte Musik ausgegraben – bei ihren Auftritten sind die Mitglieder des Orchesters in fließender Bewegung, treten im Fluss der Musik nach vorne, wenn sie als Solisten glänzen können, und ziehen sich dann wieder zurück. „Ich denke, wir können aus der Geschichte viel lernen. Sie hilft, ,alte‘ Musik für heutige Zuhörer interessanter zu machen.“ Das Rezept der Barocksolisten besteht in einer „Mischung aus Unterhaltung und Aufklärung, bei der alle Sinne und Emotionen angesprochen werden“, ein feuriger Mix aus historisch informierter Spielpraxis und zeitloser Freude am Musizieren mit Seemannsliedern, skandinavischen Volkslieder und Stücken von Henry Purcell.

Bier auf der Bühne

Barokksolistene: Alehouse Session
Barokksolistene: Alehouse Session © Matthew Long

„Es wäre sehr merkwürdig gewesen bei dieser Inspirationsquelle die ‚normalen‘ Regeln für klassische Musik zu befolgen“, sagt Eike. „Stattdessen ist der Improvisationsgrad sehr hoch, wir haben keine feste Setlist, keine Notenblätter, suchen den direkten Austausch mit dem Publikum, mit dem wir singen und trinken. Auf der Bühne haben wir auch Bier.“

Wenn man von diesem Konzertformat zum ersten Mal hört, dann assoziiert der routinierte Konzertgänger womöglich sich anbiedernde Schunkelmusik von mittelmäßigen Musikern. Davon sind Bjarte Eike und Barokksolistene aber weit entfernt. Die internationalen Kritiken von so bedeutenden Zeitungen wie der „Financial Times“ überschlagen sich fast mit ihren Lobeshymnen. „The Times“ findet sie „unwiderstehlich“, „The Guardian“ beschreibt sie als „wunderbar hemmungslos“.  Blätter wie „The Rolling Stone“, die sich eigentlich gar nicht mit Klassik beschäftigen, berichteten über „The Alehouse Sessions“.

Bjarte Eike verrät nichts

Weil es für Bjarte Eike so wichtig ist, die Grenzen zwischen Künstlern und Konzertbesuchern aufzuheben, gelingt es ihm, ein breiteres Publikum zu erreichen. „Dieses Projekt beweist, dass ‚klassische‘ oder ‚frühe‘ Musik aktuell, unterhaltsam, fesselnd und aufregend sein kann und nicht versnobt als Programm für ‚die Schlauen‘ rüberkommen muss.“ Nach einer außerordentlich erfolgreichen Tournee kann man wohl nur festhalten: Mission erfüllt. Die Auszeichnung des Projekts mit dem OPUS KLASSIK in der Kategorie „Klassik ohne Grenzen“ bestätigt das.

Nun sind wir aber neugierig darauf, wie es weitergeht. Doch auf die Frage, ob er mit den Barokksolistene schon wieder ein neues Programm erarbeitet, antwortet Bjarte Eike augenzwinkernd: „Klar, aber die konkreten Pläne werde ich für jetzt noch für mich behalten.“ Und da stellt sich direkt jenes Phänomen ein, das folgende Metapher benennt: Nichts macht so neugierig wie eine verschlossene Tür. Die Spannung steigt.

Genießen Sie hier einen kurzen Einblick in die Alehouse Sessions:

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Preisträger-Album

Album Cover für
Anzeige
The Alehouse Sessions
Bjarte Eike (Violine & Leitung), Barokksolistene
Rubicon

Auch interessant

Rezensionen

Anzeige

Audio der Woche

„Glass Two“ – Minimalismus trifft Klangvielfalt

Pascal Schumacher & Danae Dörken interpretieren Philip Glass dank  Vibraphon & Klavier aufregend neu.

Newsletter

Jeden Donnerstag in Ihrem Postfach: frische Klassik!