Die unstillbare Sehnsucht, die der dunkle Wald hervorruft – erst im Zeitalter der Romantik wurde dieses Gefühl sprichwörtlich, vor allem nach 1800 wurde es von Malern, Dichtern und Musikern aufgegriffen. Die Konzeption des Heckentheaters von Schloss Rheinsberg, das solche Sehnsucht nach der Unendlichkeit heute durchaus hervorruft, entstand allerdings viel früher: unter der Leitung des preußischen Freiherrn und Friedrich-Vertrauten von Knobelsdorff um 1740. Ein Abend im Heckentheater hat durchaus jene „romantische“ Wirkung auf den Zuschauer, wie sie eigentlich erst später beschrieben wurde, erregt vom Rauschen der hohen, dunklen Bäume, welche die wie mit dem Lineal gezogenen Hecken umgeben. Überhaupt wird die kühle Kontrolle der preußischen Gartenarchitekten im gesamten Park von Schloss Rheinsberg aufgebrochen, die Grotten und Chinesischen Pavillons, die Eremitagen und Orangerien des Parks versprechen mindestens ebensosehr dunkle Geheimnisse wie das klare Licht der Aufklärung, aus der sie stammen. Und obwohl die Fluchten der Hecken noch, im Geist des streng geordneten Französischen Gartens, symmetrisch auf die hohen Bäume im hinteren Teil der Rasenbühne zulaufen, findet im Heckentheater jedes Jahr wieder in der Abenddämmerung der rauschhafte Saisonhöhepunkt der Kammeroper von Schloss Rheinsberg statt.
In diesem Jahr wird Wolfgang Amadeus Mozarts Hochzeit des Figaro diesen Höhepunkt bilden – vom 3. August an ist die Komödie in sechs Vorstellungen im Heckentheater zu erleben. Inszenieren wird der bekannte schweizerische Opernregisseur Marco Arturo Marelli, es spielen die Brandenburger Symphoniker unter Michael Helmrath. Die nächtliche Verwechslungsszene des vierten Akts spielt ebenfalls in einem Schlossgarten. Die Identitäten aller Personen gleiten ins Obskure, Vage, scheinen im Dunkel des Gartens austauschbar. Wie geschaffen ist das für die geheimnisvolle Dunkelheit des Heckentheaters: Der Graf Almaviva wird seine Willkür und seine Ränkespiele gegenüber der aufmüpfigen Dienerschaft sozusagen an einem Originalschauplatz aufgeben müssen.
Wie jedes Jahr bespielt die Kammeroper auch noch einige weitere reizvolle Aufführungsorte im Schloss Rheinsberg: Im Schlosshof wird am 23. Juni Carl Millöckers Bettelstudent gegeben, im umfassend restaurierten Spiegelsaal werden vom 5. bis 7. Juli Friedrichs Opernträume zu erleben sein: Kompositionen der preußischen Hofkomponisten Graun und Hasse sowie Musik des opernbegeisterten Friedrich selbst, der seine Oper Unter den Linden nach dem Vorbild der Hofoper in Dresden ausstattete.
Aus Anlass des Friedrich-Jahrs wird im Schlosstheater am 20. Juli eine Neuproduktion der Oper Kronprinz Friedrich ihre Premiere haben. Festivalleiter Siegfried Matthus komponierte sie bereits vor 12 Jahren zur Wiedereröffnung Rheinsbergs als Kammeroper. Matthus vertonte hier den unbarmherzigen Streit des jungen Friedrich mit seinem Vater, dem Soldatenkönig. Der Streit endete mit der Hinrichtung von Friedrichs Jugendfreund Hans Hermann von Katte und mit dem Umzug Friedrichs auf Schloss Rheinsberg – ein Umzug allerdings, dem Friedrich zufolge die „glücklichsten Jahre seines Lebens“ folgten.