Fröhlich marschieren sie zur Tür herein. Die viereinige Unkompliziertheit – weder aufdringlich noch betont zurückhaltend, sondern einfach offen und natürlich. Die Musiker des Schumann Quartetts geben sich so, wie sie auch im Konzert und auf der Bühne zu erleben sind: konzentriert, doch nicht affektiert, ohne ausladende Gesten oder irgendeinen Dünkel.
Im Gespräch sind es zunächst die drei Brüder, die sich die gedanklichen Bälle zuwerfen: die Geiger Erik und Ken sowie Mark, der Cellist. Und wo bleibt Bratscherin Liisa? Nun, das einzige Nicht-Familien-Mitglied in diesem Ensemble gesellt sich eher schleichend dazu – dann aber umso nachdrücklicher: Fortan sprechen sie nur noch zu viert. 2012 ist die Estin Liisa Randalu zum Quartett hinzugestoßen: „Wir kannten uns vorher gar nicht!“ Und Ken ergänzt: „Wir hatten uns ein sehr schweres Quartett ausgesucht, das dritte von Bartók, mit der schwierigen Coda, bei der gerade die Bratscher schnell ins Schwitzen kommen. Doch Liisa kam topvorbereitet, und wir waren beinahe geschockt: Denn wir drei hatten zuvor lange daran gearbeitet – und nun kam Liisa und spielte das scheinbar mühelos.“ Womit allen klar war: Sie meinte es ernst. „Ich fand den Bartók schon krass“, erinnert sie sich. „Und nur einen Tag später stand ein Konzert in kleinerem Rahmen auf der Agenda“ – doch da waren die Würfel längst gefallen.
Fingerzeige vom Primarius des Alban Berg Quartetts
Die drei Brüder sind Rheinländer. Der Vater geigt, die Mutter spielt Klavier – Musik war daheim jederzeit in jedem Winkel präsent. Entsprechend viel wurde geübt oder einfach aus Lust musiziert: vor allem Kammermusik. Dann ging Erik fürs Solo-Studium nach Lübeck: Erst pendelte er, schließlich zog der Teenager mit 14 Jahren aus. Um sich 2007 doch mit seinen Brüdern – und damals noch Ayako Goto als Viertem im Bunde – zu einem Quartett zusammenzuschließen. Sie studierten in Köln, arbeiteten später in Madrid viel mit Günter Pichler zusammen, dem Gründer des legendären Alban Berg Quartetts.
Von der schweren Kunst des Loslassens
Vor kurzem ist nun ihre erste Aufnahme mit dem „BBC Music Magazine Award“ als beste Newcomer-CD ausgezeichnet worden. Mozart, Ives, Verdi: ein ungewöhnliches Programm, das indes die stilistische Bandbreite des Ensembles gut abbildet. Leicht und filigran klingt das – auf der anderen Seite entschlossen und äußerst homogen. „Das Schwere ist nicht, sich etwas zu erarbeiten, sondern dann loszulassen“, sinniert Erik. „Die Musik sozusagen geschehen zu lassen.“ Natürlich brauche es für den Anfang schon ein Konzept, um sich ein neues Stück zu erarbeiten; doch um später im Konzert auch die magischen Momente erreichen zu können, sei eine Form von Lockerheit nötig. „Wir sind auf der Bühne frei genug, um nicht statisch an dem, was wir in den Proben festgelegt haben, kleben zu bleiben“, ergänzt Liisa Randalu. „Viele Dinge, über die wir vorher lange gesprochen haben, lösen sich im Konzert non-verbal.“
Und was ist mit der enormen Dichte an jungen, hungrigen und topausgebildeten Streichquartetten, die aus vielen Winkeln Europas – ob aus Finnland, Spanien oder Deutschland – ins Geschäft drängen: Spüren die vier da Konkurrenzdruck? „Wir setzen uns automatisch ab, weil wir andere Menschen sind“, weist Ken solche Gedanken von sich. „Mit diesem Thema beschäftigen wir uns nicht“, fügt Erik hinzu. „Wir kümmern uns am liebsten um die Werke, die wir zusammen aufführen wollen: Je weniger wir uns um das Drumherum scheren, desto besser läuft es.“ Ein knappes Credo, aber bezeichnend für die Natürlichkeit – und das Selbstvertrauen des Schumann Quartetts.