„Wo immer Sie etwas für Kinder und Jugendliche machen, dürfen Sie nicht sparen. Sie müssen Profiarbeit abliefern. Kinder sind genauso sensibel für Nachlässigkeiten wie Erwachsene!“ Christoph Becher weiß, was er seinem jungen Publikum schuldig ist. Seit 2007 ist er verantwortlich für das Education-Programm der Elbphilharmonie; das wichtigste Projekt seines Teams ist „Dr. Sound im Einsatz“ – mittlerweile hat sich die Konzertreihe in ihrer zweiten Spielzeit an verschiedenen Spielorten etabliert. „Wir geben da viel Geld rein, viel Gehirnschmalz und viel Arbeitskraft, da sind viele unserer besten Leute dran“, sagt Becher. Und der Aufwand wird belohnt: Die Elbphilharmonie wird mit ihrem Projekt Dr. Sound als „ausgewählter Ort 2011“ im bundesweiten Kreativitäts-Wettbewerb „Land der Ideen“ ausgezeichnet.
Die vom Elbphilharmonie-Team kreierte Figur Dr. Sound wird jedes Jahr in ein neues Abenteuer verwickelt – neben seiner täglichen Arbeit wie etwa der Archivierung von Geräuschen in Papiertüten muss er einen schwierigen Fall aufklären. In dieser Saison dreht sich alles um die Entführung seines chinesischen Kollegen Hui Beng, den der etwas chaotische Wissenschaftler mit Hilfe verschiedener Sound-Analysen wieder aufspüren will. Die Konzertbesucher, meist Kinder von 6 bis 12 Jahren, helfen ihm dabei als „Soundagenten“. Was sich spielerisch anhört, folgt einem genauen Drehbuch: In jedem Konzert führt ein Moderator durch die Handlung, der wie auch Dr. Sound selbst von einem professionellen Schauspieler dargestellt wird. Ihre Dialoge, geschrieben von der Autorin Angela Gerrits, spinnen die „Krimihandlung“ fort und führen gleichzeitig die zur aktuellen Situation passend ausgewählten Musikstücke ein.
Bewusst geht die Elbphilharmonie mit ihrer Konzertreihe in die Bezirke, in denen „nicht unbedingt Leute wohnen, die zweimal in der Woche in die Laeiszhalle gehen“, wie Becher es ausdrückt. In vier Spielstätten in Altona, Jenfeld, Mümmelmannsberg und Wilhelmsburg wurden in den vergangenen Monaten jeweils drei Konzerte von verschiedenen Ensembles gespielt – jedes hat die Geschichte von Dr. Sound und Hui Beng weiter erzählt, Formationen wie das Ensemble Resonanz oder Elbtonal Percussion sorgten für höchste Qualität. Für Christoph Becher und sein Team bedeutet die Arbeit in den Stadtteilen, gewohntes Marketing-Terrain zu verlassen und neue Wege zu gehen: „Wir lernen durch Dr. Sound ein ganz anderes Publikum kennen. Dieses Publikum gibt uns sehr viel wieder, und das zeigt uns, dass wir mit unserer Arbeit in der ganzen Stadt präsent sein müssen.“
In der nächsten Saison wird als fünfte Spielstätte die Gesamtschule Stellingen hinzukommen; und eine spannende Geschichte wird es auch wieder geben: Klangmafioso Don Sonatini plant, mit einer teuflischen Maschine alle Geräusche aus der Laeiszhalle abzusaugen. Dr. Sound wird also weiterhin im Einsatz sein – dann unter anderem mit dem Ensemble Acht und dem Trio Macchiato. Zuvor aber wird das große Finale der laufenden Saison Ende Juni mit Spannung erwartet. In der Laeiszhalle präsentieren die Hamburger Symphoniker Werke, die dem Stammpublikum aus den Stadtteilkonzerten bekannt vorkommen dürften – jetzt erklingen sie in großer Orchesterbesetzung. Vor allem aber wird man endlich erfahren, ob der entführte Hui Beng wieder auftaucht.