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Porträt Daniel Hope

Kongeniale Lebendigkeit

Wie die Künstlerfreunde Daniel Hope und Sebastian Knauer uns mit Hörschlüsseln kulturelle Schatzkisten aufschließen

vonPeter Krause,

Am Anfang war die Panne. Seine eigene Karriere begann für Daniel Hope im sonnigen Alter von sechs Jahren mit einem Reinfall. Als er gemeinsam mit seinen geigenden Kameraden den Purcell-Saal des Londoner South Bank Centres betrat, um den stolzen Eltern seine frühe Fingerfertigkeit vorzuführen, wurde er direkt vor der Schwingtür platziert. Da lehnte er sich kurz zu weit nach hinten, die Tür gab nach, er verlor den Halt und flog samt Geige rückwärts, während sich die Tür sofort wieder schloss. „Das hätte das Ende meiner Karriere sein können, hätte ich mir das so richtig zu Herzen genommen. Ich habe es aber als Chance begriffen, bin von der Bühne verschwunden, aber wieder aufgetaucht.“

Seit der initialen Katastrophe seines Geigerlebens sind nun dreißig Jahre vergangen, Hope, einst Meisterschüler von Yehudi Menuhin, zählt zu den Stars der Szene. In seinem Buch „Toi, Toi, Toi – Pannen und Katastrophen in der Musik“ offenbart er höchst launig die eigenen Blackouts, berichtet von gerissenen Geigensaiten und verpassten Auftritten. Doch Hope geht es nicht nur darum, Anekdoten zum besten zu geben: Er versteht es, Musikgeschichte konzise und spannend in Form von Musikergeschichten zu erzählen. Da ist Lachen erlaubt, und man erfährt dabei auch noch Erhellendes.

Musikvermittlung nennt man das heute, „Edutainment“ könnte man dazu neudeutsch auch sagen. Jedenfalls vermag es der britische Geiger, auf gewitzte Art, auf die Schönheiten von guter Musik aufmerksam zu machen.

Hope stellt fest: „Wir haben diese riesige Kultur-Schatzkiste, die muss man für die Menschen aufschließen, da ihnen sonst die Zeit, Geduld und Konzentration fehlt, selbst nach dem Schlüssel zu suchen.“ Genau solche Hörschlüssel sind es, die Hope auch in seinen Konzerten gratis mitliefert. Und wenn Daniel Hope gemeinsam mit Sebastian Knauer auftritt, spielen die Künstlerfreunde sich nicht nur musikalisch die Motive mit größter und kongenialer Lebendigkeit zu, sie geraten regelmäßig in einen munter moderierten Austausch über die Musik des jeweiligen Konzerts. Der britische Geiger und der aus Hamburg stammende Pianist vermögen es als leidenschaftliche Anwälte ihrer Kunst unnachahmlich, die Musik in ihren Beziehungen ganz neu zu beleuchten. Beglückend dabei ist: In den Duo-Abenden der beiden passionierten Meistermusiker herrscht weder der dröge Ernst kammermusikalischer Konzertrituale, noch verschreiben sich die beiden jener falsch verstandenen Leichtigkeit, mit der so manche mediokre Musikvermittler Komplexes auf Teufel komm raus platt machen möchten.

Also ist es nicht nur Humoriges, sondern auch Tiefschürfendes, das Hope und Knauer uns mit auf den Weg geben. Da flechten sie schon mal Anmerkungen über das Zusammenspiel von Musik und Politik ein, das die bekenntnishafte Kunst eines Ludwig van Beethoven ebenso auszeichnet wie die eines Dmitrij Schostakowitsch. Hope sagt: „Es geht um die unglaubliche Wirkung, die Musik auf Menschen hatte. Wir können uns doch heute nicht mehr vorstellen, dass man für eine Sonate ins Gefängnis kommen konnte, wie damals in der Sowjetunion.“ Und natürlich gibt das Duo allzu gern preis, welche persönliche Beziehung es zu den Werken eines Konzerts hat: „Wir müssen den Menschen erklären, warum uns diese Musik persönlich so bewegt, warum wir sie so lieben. Oder warum Beethoven beim Schreiben die größte Tragödie seines Lebens durchmachte und wie wir das nun aus seiner Musik heraushören können.“ In ihrer Berliner Hommage an den großen Geiger Joseph Joachim werden Hope und Knauer solchem Beziehungszauber zweifelsohne anregend nachspüren.

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