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Porträt Sheku Kanneh-Mason

Mit Stil

Der britische Cellist Sheku Kanneh-Mason ist in dieser Saison Artist in Residence am Konzerthaus Berlin.

vonHelge Birkelbach,

Wie fühlt sich das an, wenn man weiß, dass rund zwei Milliarden Menschen auf der ganzen Welt einem beim Spielen zuschauen und zuhören? Sheku Kanneh-Mason hat es erlebt. Sein erster Kommentar kurz nach dem Auftritt in der St. George’s Chapel auf Schloss Windsor: „Ich kann es immer noch nicht glauben.“ Tatsächlich unglaublich ist die Geschichte dieses jungen Cellisten, der 2018 bei der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle ein Konzert mit maximaler öffentlicher Aufmerksamkeit gab. Neunzehn Jahre alt war er damals. Zwei Jahre zuvor hatte er den BBC-Wettbewerb Young Musician of the Year gewonnen, im Jahr der Hochzeit erschien sein Debütalbum „Inspiration“, das er mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra unter Mirga Gražinytė-Tyla einspielte.

Sheku Kanneh-Mason umarmt das Cello

Der Musik konnte er kaum entrinnen, denn alle seine Geschwister spielen ein Instrument. Isata, Braimah, Konya, Jeneba, Aminata und Mariatu heißen sie, Sheku ist der Dritt­älteste. „Mit knapp sechs Jahren fing ich an, Klavier zu üben, dann Geige, weil meine beiden älteren Geschwister Klavier und Geige spielten“, erinnert er sich. „Ich folgte einfach dem, was sie taten. Aber ich kam damit nicht so gut zurecht. Vielleicht war ich noch zu jung, es hat mich jedenfalls nicht so interessiert und ich war unkonzentriert.“ Wie kam er schließlich zum Cello? „Es war bei einem Konzert, das ich in Nottingham, wo ich aufwuchs, besuchte. Der Klang und das Aussehen des Cellos haben mich sofort begeistert. Als ich dann selbst ein Cello bekam, fühlte es sich genau richtig an, ich war hochkonzentriert. Ich konnte das Instrument quasi umarmen. Was für ein herrliches Gefühl!“

Und das trägt ihn seitdem bei seinen Auftritten, wo er als Solist bei besonders innigen Passagen gerne versonnen nach oben schaut, als ob er den Himmel mit seiner Musik berühren wolle. So auch beim Kinderkonzert im Konzerthaus Berlin, wo er in der Saison 2024/25 als Artist in Residence mehrfach zu erleben ist. Auch kammermusikalisch tritt der Cellist, der gerne stylische Sneaker und karibisch inspirierte Stoffe trägt, regelmäßig in Erscheinung. Zusammen mit seiner Schwester Isata (Klavier) und seinem Bruder Braimah (Violine) formt er das Kanneh-Mason Trio. „Der Vorteil ist, dass wir uns schon sehr lange kennen und ein gemeinsames musikalisches Interesse haben“, sagt er. „Wir haben alle an der Royal Academy of Music in London studiert, das verbindet uns von unserer formalen Ausbildung her.“

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Ein Haus voller Musik

Schon 2015 konnten Sheku und seine Geschwister in der TV-Show „Britain’s Got Talent“ unter Beweis stellen, wie gut sie harmonieren. Ihre Mutter hat ein Buch über die musikalische Familie geschrieben, es heißt „House of Music“. Steht da etwas drin, was der Sohn noch nicht wusste? „Ich habe viel über unsere Familiengeschichte erfahren, vor allem über meine Großmutter“, antwortet er. „Als ich aufwuchs, lebten meine Großeltern väterlicherseits in London und meine Großmutter mütterlicherseits in Wales. Als Kind habe ich bei ihr die meisten meiner Sommer verbracht. Das ist noch heute wie ein zweites Zuhause. Interessant war auch, was meine Mutter über meine Kindheit, verschüttete Erinnerungen und die Entwicklung meiner Persönlichkeit schrieb. Dieser Perspektivwechsel war für mich sehr aufschlussreich.“

Mit der öffentlichen Wahrnehmung hat der berühmte Spross der Familie eigentlich keine Probleme. Was die Boulevardblätter schreiben, interessiert ihn nicht. Die Aufnahmen für das Titelblatt des GQ-Magazins dagegen fand er „erfrischend“. Die Fotosession in einem Studio in East London dauerte immerhin fast einen halben Tag. „Ich mag Stil“, betont er. „Ich mag Muster und interessante Formen und Texturen, aber es sollte nicht beliebig sein, sondern gleichzeitig Ruhe und Freude ausstrahlen. Farben sind sehr wichtig.“

Wie farbig und royal seine eigene Hochzeit ausfallen wird, weiß er noch nicht. Jedoch, was gespielt werden soll, falls es dazu kommt: Haydns Streichquartett op. 20 Nr. 6. „Gleich den 1. Satz, Allegro di molto e scherzando. Der ist so voller Freude und Gefühl. Haydn hat einen Geist, der seinesgleichen sucht. Ein offener Geist. Das schätze ich sehr.“

Aktuelles Album

Album Cover für Beethoven: Tripelkonzert u. a.

Beethoven: Tripelkonzert u. a.

Gerald Finely (Bariton), Nicola Benedetti (Violine), Sheku Kanneh-Mason (Violoncello), Benjamin Grosvenor (Klavier), Philharmonia Orchestra, Santtu-Matias Rouvali (Leitung). Decca

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