Sangeslustige Opernfreunde kommen hier voll auf ihre Kosten. Die Aufgabe des Konzertchors der Staatsoper Unter den Linden ist es, den Profichor des Hauses in Opern mit großer Chorbesetzung zu unterstützen; bei Aida oder Parsifal beispielsweise. „Es ist ein tolles Erlebnis, in einem richtig schön klingenden Chor zu singen, wenn dazu die Staatskapelle spielt und man neben den besten Gesangssolisten der Welt auf der Bühne steht“, erzählt Hansi Biebl, hauptberuflich Rockmusiker, der seit elf Jahren im Tenor mitsingt.
Der Konzertchor der Staatsoper kann auf eine 66-jährige Geschichte zurück blicken. Wenige Monate nach Kriegsende wurde er gegründet; zum Debüt im Trümmerhaufen Berlin erklang Verdis Requiem.
Doch zunächst spielte der Chor nur eine Nebenrolle im Konzertleben der Stadt. Weiterreichende Beachtung erfuhr er erst, als Detlef Steffen 1973 die künstlerische Leitung übernahm; er formte das Ensemble fast vier Jahrzehnte lang.
Seit dem Herbst 2010 leitet Frank Flade, der Stellvertretende Chordirektor an der Staatsoper, den Konzertchor. Zuvor war der gebürtige Dessauer als Chordirektor am Theater Aachen angestellt. Seine erste „Amtshandlung“ in Berlin: die Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium in der Trinitatiskirche Charlottenburg.
Die rund sechzig Mitglieder proben wöchentlich und zusätzlich an einem Wochenende im Monat. „Die meisten haben Gesangsunterricht, aber Bedingung ist das nicht“, erzählt Chorleiter Frank Flade. „Wir freuen uns über neue Mitglieder, die Lust haben, auf der Bühne zu stehen.“
Wobei die Bühnenaktivitäten derzeit in den Hintergrund treten. „Im Schiller-Theater ist der Einsatz des Zusatzchores problematisch, da die Bühne hier kleiner ist als im Haus Unter den Linden“, erläutert Frank Flade. „Daher konzentrieren wir uns auf Konzerte mit chor-sinfonischer Musik“. Einen Nachteil sieht er darin nicht. „Es tut dem Chor gut, sich mal nur aufs Singen zu konzentrieren. Das Ensemble fährt zweigleisig. Einerseits steht es auf der Bühne. Andererseits singt es Konzerte. Das finde ich eine spannende Kombination.“
Entsprechend breit gefächert ist das Repertoire. Neben großen Opern reicht es von Konzertklassikern wie Mozarts Requiem oder Haydns Schöpfung bis zu Werken des 20. Jahrhunderts wie Carmina Burana.
Regelmäßig gibt es gemeinsame Konzerte mit der Staatskapelle. Andere Aufführungen organisieren die Chorsänger selbst. „Einige von uns kümmern sich darum, einen Saal zu mieten und bitten den Chorleiter, ein Orchester zu engagieren und Solisten anzusprechen“, erzählt der Physiker Helge Witt, der bereits seit 25 Jahren im Bass singt. In Eigenregie haben die Chormitglieder auch die anstehende Aufführung des Deutschen Requiems von Johannes Brahms in der Gethsemanekirche organisiert.
Ein weiteres Großprojekt im März ist die Aufführung von Mahlers Zweiter, der Auferstehungssinfonie, in Neubrandenburg. Mit den Proben wurde bereits Monate zuvor begonnen, ist doch bei dieser schwierigen Chorpartie schon der Einsatz heikel: Gefordert wird ein a-cappella-Kaltstart in tiefer Lage und allerfeinstem Pianissimo.
Bei den Männern sitzen die Töne noch nicht ganz sicher. Chorleiter Frank Flade probt die Melodie deshalb erstmal auf der Silbe „ju“. So leise wie möglich soll der Chor einsetzen – und dann noch leiser werden. Wieder und wieder wird der Einsatz geübt. Und schließlich, als sich die Sänger dazu noch erheben, klingt das „Aufersteh´n“ ganz zart und trotzdem leuchtend. Nach der Probenpause liegt dann das Brahms-Requiem auf dem Notenpult, hier sitzt die Partie schon fast perfekt. Dass die Sänger sich besonders auf diese Aufführung freuen, liegt auch an der Zusammenarbeit mit Ben Becker: Der Schauspieler wird die Textpassagen aus dem Werk lesen.