Gleich drei monumentale Backsteinkathedralen haben die Bürger der Hansestadt Wismar errichtet. Der Bau der Kirche St. Georgen wurde bereits 1404 begonnen, aber erst 1594 abgeschlossen. Neben den deutlich früher vollendeten Kirchen St. Nikolai und der Marienkirche ist sie damit die jüngste. Weil das im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Schiff der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Marienkirche 1960 gesprengt wurde, hatte der Wiederaufbau von St. Georgen umso höhere Priorität.
Die im April 1945 von zwei Luftminen getroffene und beinahe vollständig ausgebrannte Kirche wurde zu DDR-Zeiten jedoch nur notdürftig in Stand gesetzt, ein provisorischer Dachstuhl aus den fünfziger Jahren stürzte später wieder ein. Erst ab 1990 hat man St. Georgen für insgesamt 43 Millionen Euro instand gesetzt. Die Bauarbeiten wurden 2010 abgeschlossen und 2014 eine via Aufzug zugängliche Aussichtsplattform auf dem unvollendet gebliebenen Rumpf des Hauptturms eröffnet. Von dort genießen Besucher einen Blick über die Altstadt und den Hafen von Wismar.
St. Georgen ist „zum Spielen wie auch zum Hören ein Vergnügen“
Einen großen Teil des historischen Inventars hat man vor der Bombardierung auslagern können, vieles davon wurde dennoch beschädigt, die Orgel verbrannte vollständig. Für einen Neubau engagiert sich die 2010 gegründete Orgelstiftung St. Georgen zu Wismar. Ein Gang durch die weitläufige Backsteinkirche, seit 2002 Teil des UNESCO-Welterbes Altstadt Wismar, ist ein Erlebnis, obwohl von den einst über dreißig Nebenaltären heute so gut wie nichts mehr zu sehen ist. Der historisch gewachsene Grundriss der Basilika mit ihren drei Schiffen, dem Querhaus und dem niedrigen Chor beeindruckt, die bis zu 35 Meter hohen Gewölbe ziehen die Blicke nach oben, und sichtbar integrierte Bauabschnitte zweier Vorgängerkirchen atmen Geschichte.
Im Zuge der Nutzung als Gotteshaus und Kulturkirche hat sich St. Georgen zudem zu einer bedeutenden Spielstätte entwickelt. Im Rahmen der Reihe „Wismar-Konzerte des NDR in St. Georgen“ kehren das NDR Elbphilharmonie Orchester und die NDR Radiophilharmonie immer wieder gerne zurück. Dabei wirken so bedeutende Künstler wie der Dirigent Paavo Järvi und die Geigenvirtuosin Antje Weithaas mit. Zum Musikerlebnis in St. Georgen sagt Kathrin Rabus, Konzertmeisterin der NDR Radiophilharmonie: „St. Georgen ist von der Atmosphäre her ein wunderbarer Raum.” Der lange Nachhall, der durch die enorme Höhe der Kirche entstehe, reduziere sich auf ein angenehmes Maß, sobald das Publikum beim Konzert die Reihen fülle. „Dann ist es zum Spielen wie auch zum Hören ein Vergnügen!“