Ein neutraler Raum, eine junge Frau im Schneidersitz, die Zarb-Trommel zwischen sich und dem endlosen Stabparkett. Licht fällt auf ihr Gesicht, es gibt keine Farben, nur Mensch und manischer Blick, mal nach links, mal nach rechts gerichtet. Ein Dialog, sprechschnalzendsingend mit abgehackten Rhythmen, zunächst vorsichtig fragend, dann fordernd Kontra gebend. Die junge Frau mit den langen zurückgebundenen Haaren ist Vanessa Porter, das Stück stammt von Georges Aperghis. „Le corps à corps“, 1978 geschrieben, ist ein virtuoser Parforceritt für jeden Perkussionisten, weil er gleich drei Rollen fordert: Stimme, Gegenstimme und Instrument. Die 1992 im süddeutschen Laupheim geborene Solistin, die klassisches Schlagzeug am Royal College of Music in London und an der HMDK Stuttgart studierte, hat die Performance auf ihrer Webseite dokumentiert. Eine vorzügliche Webseite, zeitgemäß ohne Schnickschnack, so wie die Künstlerin selbst.
Minimalismus bei maximalem Output scheint das Motto der international erfolgreichen Schlagzeugerin zu sein. Im kommenden Jahr wird sie mit dem Klangkünstler Daniel Weingarten in der Reihe „ECHO Rising Stars“ auf Tour gehen. „Die Bühne wird sehr minimal sein“, sagt sie. „Es wird eben nicht so sein, dass es ein großes Feuerwerk mit 500 Trommeln gibt – und auf jede haue ich dann einmal drauf und das wirkt dann irgendwie beeindruckend.“ Manchmal reiche auch nur eine einzige Trommel, „um zu zeigen, was Stille mit uns machen kann“.
Im Elternhaus von Vanessa Porter ging es lebhaft bis laut zu
In ihrem Elternhaus ging es eher lebhaft bis laut zu. Ihr Vater betrieb eine Schlagzeugschule nebenan, Drumset und exotische Instrumente waren stets griffbereit. Zusammen mit ihrer Schwester Jessica, mit der sie neben ihrer solistischen Tätigkeit bis heute als Duo aktiv ist, konnte sie sich in ihrer Kindheit so „richtig austoben“. „Bei uns wurde immer getrommelt, manchmal auch am Mittagstisch.“ Ganz auf ihren eigenen Körper reduziert wird Vanessa Porter im Januar 2021 eine Uraufführung in der Hamburger Elbphilharmonie bestreiten. Wieder ist es Georges Aperghis, dessen Musik sie atmet. Er hat ihr das Werk sozusagen „auf den Leib geschrieben“: eine Body Percussion mit Händen, Füßen und Korpus als einzigem Instrument. Oder sollte man besser den Plural verwenden?