Aus dem Parkett mitten auf die Bühne: Abonnenten und andere Freunde des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin müssen sich beim Musikgenuss nicht mehr aufs Zuhören beschränken. Vorausgesetzt, sie beherrschen selbst ein Ins¬trument. Seit 2004 bietet das DSO Amateurspielern die Chance, ihre Fähigkeiten mit Hilfe von Profis auszubauen und mehrmals im Jahr vor großem Publikum aufzutreten.
Die Idee stammt von Heinz Radzischewski, stellvertretender Solo-Trompeter des DSO und begeisterter Hobby-Dirigent. In seiner Heimat Bayern gibt es bereits seit längerem das Abonnentenorchester der Münchner Philharmoniker. Radzischewski gelang es, diese Initiative nach Berlin zu übertragen.
Zwischen 60 und 70 Laienmusiker treffen sich regelmäßig einmal in der Woche im Ferenc-Fricsay-Saal im rbb-Fernsehzentrum, wo auch das DSO seine Proben abhält. „Ganz unterschiedliche Berufsgruppen sind bei uns vertreten – Ärzte, Professoren, Lehrer und Apotheker“, sagt Radzischewski. Ehemalige DSO-Mitglieder im Ruhestand, die das Orchesterleben noch nicht aufgeben wollen, betreuen sie als Mentoren. Einmal pro Saison steht sogar der Chefdirigent am Pult – für alle Beteiligten ein besonderer Anreiz. Nach Kent Nagano und Ingo Metzmacher hat auch der künftige Chef Tugan Sokhiev dem Abonnentenorchester Unterstützung zugesichert.
Seit ihrem Debüt Anfang 2004 geben die Amateure jedes Jahr drei Konzerte, eines davon im großen rbb-Sendesaal und ein weiteres zu Weihnachten in der Jesus-Christus-Kirche in Dahlem. Zu dem Termin im Sommer begeben sich die Musiker meist ins Umland. In diesem Jahr wird ihr Auftritt an einem ungewöhnlichen Ort stattfinden: In einem Hangar des früheren Flughafens Gatow führen sie am 18. Juni gemeinsam mit zwei Sängern Orchesterstücke und Arien aus Opern von Verdi, Puccini und Bizet auf.
Das Repertoire des Abonnentenorchesters reicht vom Barock bis zur Spätromantik. „Die Leute wollen vor allem Stücke spielen, die sie schon kennen und die ihnen Spaß machen“, sagt Heinz Radzischewski. Vom DSO erhalten sie nicht nur professionellen Rat, sondern leihweise auch größere Instrumente wie Schlagzeug oder Pauken. Andere Amateurmusiker müssten zu Proben sogar ihre eigenen Notenpulte mitbringen, meint der Trompeter. Hier sei dagegen für alles gesorgt.
Die Idee ist auch bei Radzischewskis Kollegen im Orchester auf großen Anklang gestoßen. Solisten werden stets aus den Reihen des DSO geholt. Viele Musiker freuten sich über diese Zusammenarbeit, sagt er. Denn schließlich möchte auch ein Tutti-Geiger einmal ein großes Violinkonzert von Bruch oder Tschaikowsky als Solist spielen.
Besetzungsprobleme hat das Abonnentenorchester derzeit nicht. Gleichwohl sorgt sich Radzischewski etwas um den Nachwuchs. Die meisten Musiker seien mittleren bis vorgerückten Alters, sagt er. Um mehr jüngere Amateure zum Mitmachen zu verlocken, will das Abonnentenorchester nun verstärkt die Werbetrommel rühren. Ein geplanter Austausch mit einem Laienorchester in Salzburg, das vom Oboisten Günther Passin geleitet wird, könnte weitere Interessenten anlocken. „Mit einem Chor in Prag haben wir auch schon eine Schubert-Messe aufgeführt“, berichtet Heinz Radzischewski. „Solche internationalen Projekte wollen wir nach Möglichkeit ausbauen.“