Bevor musikalische Talente vor ein Publikum treten können, ist eine umfangreiche Organisationsarbeit zu leisten. Finanzplanung, Sponsoren-Akquise, Marketingmaßnahmen und Buchungen von Spielstätten – all das sind Herausforderungen, an denen auch junge Menschen wachsen können. Dank „Jugend musiziert“ ist die Nachwuchsförderung in Deutschland sehr gefestigt. Auf diese Weise wird die aktive Auseinandersetzung mit klassischer Musik gefördert und für das Berufsleben des Musikers ein positives Image etabliert. Indessen blieb die Möglichkeit, über den Aufgabenbereich des Kulturmanagements Neuland in der Jugendarbeit und viel zusätzliches Potenzial zu erschließen, bis vor Kurzem ungenutzt. Wie inspirierend und fordernd es sein kann, einen Konzertabend auf die Beine zu stellen, ist für Jugendliche seit 2016 über die gemeinnützige Künstleragentur TONALiSTEN erfahrbar.
Dieses pädagogische Projekt wurde von TONALi, HarrisonParrott und Hanni Liang gegründet. Amadeus Templeton, der TONALi 2009 zusammen mit Boris Matchin ins Leben gerufen hat, erklärt dazu: „Mehr als 600 Schüler werden jährlich in allen Bundesländern und über die Bundesrepublik hinaus als Kulturmanager ausgebildet. Das Konzept ist, dass Jugendliche klassische Konzerte spielen, organisieren und hören.“ Am Hauptsitz von TONALi in Hamburg werden Konzertprogramme erarbeitet und dann bei von TONALiSTEN organisierten Schulveranstaltungen im Rahmen einer sogenannten „TONALi Tour“ zu Gehör gebracht.
Konzerte in einem ehemaligen Spirituosenlager
Als Klanglabor für neue Konzerte steht TONALi seit Januar ein eigener Konzertsaal zur Verfügung, der in einem zum Winden von Seilen einst großzügig angelegten Hinterhof des Hamburger Grindelviertels liegt. Das Gebäude, ein ehemaliges Spirituosenlager, das früher der Familie Guggenheim gehörte, wurde grundlegend umgestaltet. Anregungen zur Optimierung des Klangs im Konzertsaal gab Yasuhisa Toyota, der Akustiker der Elbphilharmonie, als er für einen Besuch vorbeikam. „Inzwischen haben hier bereits Lisa Batiashvili und Christian Tetzlaff musiziert“, erzählt Templeton.
TONALi: Keine Kunst im weltfremden Elfenbeinturm
Wie alle Veranstalter sind auch die TONALiSTEN neuen Konzertformaten auf der Spur. Amadeus Templeton sagt zu diesem Findungsprozess: „Die Konzepte müssen nicht zwanghaft modern und auf jeden Fall multimedial sein – es geht um die Erarbeitung selbstständiger, reflektierter Formate.“ Hierbei wird keine Kunst im sprichwörtlich weltabgewandten Elfenbeinturm produziert. „Im Rahmen unseres Förderungsprogramms wird nur ausgezeichnet, wer dazu in der Lage ist, sich als Entrepreneur gesellschaftlich zu engagieren, denn man ist nur so viel Spitze wie man eine Breite hat“, findet Templeton. Die in Hamburg erarbeiteten Kammermusikprogramme werden im Rahmen von Schulkonzerten weltweit aufgeführt. Es bestehen Partnerschaften in die Schweiz, die Niederlande, nach Italien, Griechenland, Amerika, Russland und China. Dabei wurde bereits ein junges Publikum von über 25 000 Zuhörern erreicht – die Breitenwirkung ist also enorm.
Als nächstes steht bei TONALi der Wettbewerb, der im jährlichen Wechsel für Klavier, Geige und Violoncello durchgeführt wird, für Cellisten bevor. Für die Zeit vom 25. bis 30. Juni ist ein umfangreiches Programm geplant: Beim Eröffnungskonzert in St. Michaelis werden acht Bühnen bespielt, im TONALi Saal kann man die intermediale Performance „Liquid Rainbow“ erleben, und beim „BachPoetry“ spielen die zwölf Wettbewerber die sechs Cellosuiten des großen Johann Sebastian. Ein besonderes Novum ist, dass sie darüber hinaus zu ausgewählten Sätzen selbst verfasste Slam-Texte rezitieren. Das Abschlusskonzert findet in der Hamburger Elbphilharmonie statt.
concerti-Tipp:
TONALi18 Fest & Cellowettbewerb
25.06. – 30.06.2018
Hamburg