Einst verbrachte Wilfried Hösl als Kind einen Urlaub am Tegernsee. Wenige Tage später hatte er die Fotografien des Urlaubs in der Hand – für den späteren Fotografen der Bayerischen Staatsoper und des Staatsballetts ein magischer Moment: Er konnte ein Stück von der Welt mit nach Hause nehmen. Das Erlebnis hat seinen Berufswunsch maßgeblich beeinflusst, wie Hösl im sehr lesenswerten, wenn auch nicht mehr ganz taufrischen Eingangsinterview von 2005 erzählt, das dem Bildband „Through the Looking Glass“ vorangestellt ist. Spannend ist auch der Schlussgedanke im Interview, in dem er ein Hohelied auf die an sich so verpönte Reproduktion anstimmt. Das Buch ist vor allem für langjährige Abonnenten ein ganz zauberhafter Erinnerungsalmanach, den man sich gerne ansieht. Schön ist auch die Idee, dass Hösl seine dreißigjährige Schaffenszeit chronologisch rückwärts erzählt, von der vertrauten Perfektion, die die Wundermaschinen heutzutage hervorzaubern, bis hin zu den künstlerisch-verspielten Analogbildern der neunziger Jahre.
Die Entwicklung lässt sich zeitlich noch weiter nach hinten verfolgen, denn im Schlusskapitel sind noch Theaterfotos von 1993 bis 1983 zu sehen, bei denen sich der Jungfotograf Hösl am Münchner Residenztheater in seiner Kreativität sichtlich ausgetobt hat. Von besonderer Magie sind aber auch die Porträtfotos, teils hinter den Kulissen, teils auch sehr spontan geschossen. Sie zeigen Menschen, keine Figuren, was im Kontext der Bühnenfotografie eine ganz besondere Intimität erzeugt.

Through the Looking Glass
Wilfried Hösl
Schirmer/Mosel, 240 Seiten
49,80 Euro