Wer Günter Wands Bedeutung ermessen will, sollte sich diese CD-Box von Live-Aufnahmen mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, dessen Ehrendirigent Wand war, besorgen und daraus zunächst die beiden Probenmitschnitte anhören, um hernach vollends zu verstehen, auf welche Weise dieser Meisterdirigent nicht nur seinen Beethoven und Bruckner, sondern auch einen Tschaikowsky und Strawinsky exemplarisch zur Aufführung gebracht hat. Wands Probenstil demonstriert seine Arbeitsweise überaus aufschlussreich. Präzise, ja penibel weist er auf Details hin: auf eine „Abschlussnote, die eine echte Achtel ist“, also nicht vernachlässigt werden dürfe; oder auf falsche Ritardandi, die sich zwar eingebürgert haben, jedoch durch den Notentext nicht legitimiert seien. Wand erklärt den Musikern, doch bitte erst einmal „ohne Interpretationsidee einfach die Noten zu spielen“. Alles andere komme dann von selbst. Zum Beispiel die Wirkung von Beethovens Schicksalsmotiv, das eben keine Triole sei, sondern mit einer Pause beginnt, der drei Achteln folgen: Die Betonung ist eine ganz andere. Als Wand einmal gefragt wurde, ob er Beethovens „Neunte“ eher wie Toscanini oder wie Furtwängler dirigieren wolle, hat er geantwortet: „wie Beethoven.“ Hier versteht man, wie er das meinte. Wands Musizierhaltung war zudem von einer absoluten geistigen Durchdringung bestimmt. Kraftvollen Klangentladungen durchaus nicht abgeneigt, besticht Wand bei Tschaikowsky durch die Logik der Strukturen und eine unsentimentale Gefühlsdichte. Dieses großartige Dokument seines Schaffens ist Deutschlandradio zu danken, dessen Archive zum 100. Geburtstag des Dirigenten geöffnet wurden.
CD-Rezension Günter Wand
Großartiges Dokument
Mit welcher Hingabe und Genauigkeit Günter Wand ein Orchester leitet dokumentiert diese Aufnahme
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