In den Tiefen des Internets findet man eine belgische Fernsehsendung von 1983, in der eine Preisträgerin des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs angekündigt wird. Beethovens 4. Klavierkonzert steht auf dem Programm, und Eliane Rodrigues – so der Name der Preisträgerin – setzt sich schüchtern, fast schon verschämt ans Klavier und stimmt die ersten Töne an. Bei aller Zaghaftigkeit und Zurückhaltung der damals 24-Jährigen, die die ersten Takte des Konzerts etwas zu zart, zu lyrisch nimmt, ist man schnell eingenommen vom Talent, von der musikalischen Intelligenz, vor allem aber von der emotionalen Tiefe, die bei der brasilianischen Pianistin nie durchdacht, sondern stets intuitiv und spontan wirkt.
Über dreißig Jahre später: Eliane Rodrigues, inzwischen Professorin am Königlichen Konservatorium in Antwerpen und weitgereiste Solistin, ist erneut mit dem 4. Klavierkonzert zu hören. Den Einstieg gestaltet sie diesmal entschieden energischer, doch ihre Intuition ist geblieben: Mag sie auch noch so hörbar die Partituren der Beethoven-Konzerte, die sie in dieser CD-Box vereint, intellektuell durchdrungen haben – es ist vor allem ihre Spontanität, ihre Freude an dem, was im Moment entsteht und nicht planbar ist, was ihre Gesamteinspielung so besonders macht. Mit dem St. Petersburg State Symphony Orchestra unter Walter Proost hat Rodrigues ihren so wichtigen Gegenpart gefunden, der die kleinsten Details der Partitur auskostet. Kontrolliert den Kern der Werke aufspürend, bildet der Klangkörper aus Russland das Fundament, auf dem Rodrigues ihre Freiheiten ausleben kann. Historisch informierte und unbedingte Werktreue überlassen Orchester und Solistin lieber anderen Musikern – hier geht es darum, die Schönheiten des Beethoven’schen Œuvres hemmungslos auszukosten.
Beethoven – 8 Concertis
Eliane Rodrigues (Klavier)