In seinen 18 Klavieretüden hat György Ligeti der Tradition von Chopin, Skrjabin oder Debussy ein maßgebliches Kapitel hinzugefügt. Sie gingen, so Ligeti, „stets von einem sehr einfachen Kerngedanken aus und führen vom Einfachen ins Hochkomplexe“. Komplex – und schwer zu spielen – sind vor allem die polyrhythmischen Strukturen, die Ligeti aus seiner Auseinandersetzung mit außereuropäischer Musik gewonnen hat. Zu ihrem Erscheinen als unspielbar geltend, gibt es mittlerweile eine kleine Riege von Solisten, die sich an eine Einspielung gewagt haben, und in diesem illustren Kreis kann sich Han Chen sehr gut behaupten. Mag sein, dass Yuja Wang manche Passagen noch etwas virtuoser zugespitzt gelingen und Pierre-Laurent Aimard klanglich hie und da noch ein Gran reflektierter spielt: Dafür arbeitet Chen den poetischen Gehalt jedes einzelnen Stücks mit einer Luzidität heraus, die berückend ist.
Ligeti: Étuden & Capriccios
Han Chen (Klavier)
Naxos