Nach einer massiven Existenzkrise – finanziell, psychisch, körperlich – nahm Georg Friedrich Händel neuen Anlauf. Und schrieb mit dem „Messias“ sein populärstes Werk überhaupt. Weil es alle Welt aufführen wollte, passte es der Komponist zuweilen in Details den lokalen Gegebenheiten an, je nach den Qualitäten der Musiker. So gibt es aus dem Jahr 1754 eine selten aufgeführte Fassung mit fünf Vokalsolisten. Die hat sich Hervé Niquet nun anlässlich des 30-jährigen Bestehens seiner Chor-Orchester-Vereinigung Le Concert Spirituel zum Geburtstagsgeschenk gemacht. Niquet entlockt seinem schlank geführten Orchester atmende Phrasen und markante Farben. Die Vokalsolisten gestalten beseelt, voller Charakter und Überzeugungskraft sowie mit Gefühl für Dramatik. Der Chor indessen stellt alle übrigen Mitwirkenden in den Schatten: Warm getönt und auf den Punkt schafft er große Kunst, verbindet kompakte Geschlossenheit mit lebendiger Phrasierung.
Händel: Messiah (Version 1754)
Sandrine Piau & Katherine Watson (Sopran), Anthea Pichanick (Alt), Rupert Charlesworth (Tenor), Andreas Wolf (Bassbariton), Le Concert Spirituel, Hervé Niquet (Leitung)
Outhere