Was für ein großer Meister, dieser Johann Nepomuk David! Der 1895 in Oberösterreich geborene, später in Leipzig, Salzburg und Stuttgart lehrende Komponist von acht Sinfonien schuf keineswegs trockene Professorenmusik, er war kein Glasperlenspieler, der sich eitel und elitär an barocken Formen berauschte, sondern hatte das breite Publikum im Visier. David handhabte Kontrapunkt und Polyphonie souverän, seine Werke sind von solch instrumentaler Differenziertheit, von solch einprägsamer Motivik, dass man ihnen nur hingerissen lauschen kann. Sie erschließen sich freilich nicht jedem beim ersten Hören – aber wer einmal den Zugang gefunden hat, wird nicht so schnell nach dem Ausgang suchen. David mied Bekenntnisse ebenso wie die Ausbreitung persönlicher Befindlichkeiten; er fasziniert gerade durch diese ‚Objektivität‘ nachhaltig, durch sein geistvolles Spiel mit Fugen, doppeltem Kontrapunkt und alten Kirchentonarten. Von dem architektonischen Reichtum und der Expressivität, wie sie das Finale der 1. Sinfonie auszeichnen, hat ein Reger lebenslänglich vergeblich geträumt. Es ist Musik über Musik, in der vorliegenden Aufnahme gut durchhörbar, klangschön und lebendig gestaltet. Die 6. Sinfonie wartet sogar mit einem überdrehten Walzer auf! Vor 50 Jahren sang Reclams Konzertführer wahre Hymnen auf David, die damals ungehört verhallten. Von seinen Sinfonien war nur ein LP-Mitschnitt der Fünften greifbar. Jetzt dürfen wir den originellen Mann neu entdecken. Neo-Barock? Ja, aber weit erhaben über die zeittypischen Bruckner- und Hindemith-Imitationen.
CD-Rezension Johannes Wildner
Meister des originellen Neo-Barock
Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Johannes Wildner spielen die Sinfonien Nr. 1 und 6 von Johann Nepomuk David
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Für den britischen Dirigenten Jonathan Darlington ist Respekt eine Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten.
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