1907 war für Gustav und Alma Mahler ein Schicksalsjahr: Tochter Maria Anna stirbt mit vier Jahren an den Folgen von Scharlach und Diphterie. Beim Komponisten wird eine Herzkrankheit festgestellt. Sein Vertrag als Direktor an der Wiener Hofoper wird nach langen Reibereien aufgelöst. Da kommt die Einladung zu lukrativen Gastdirigaten an der New Yorker Met gerade recht.
Fortan hält sich das Ehepaar Mahler jährlich mehrere Monate am Hudson auf. Doch New York bringt weder Ablenkung noch Trost, auch keinen Neuanfang. Es sind zwei Versehrte, die sich in den USA nicht zurechtfinden. Zu sehr sind sie in ihren Lebenssituationen verstrickt. Das Eheleben ist prekär, mit dem älteren, weltfremden, eigenbrötlerischen Genie und der jungen, lebenshungrigen Frau, die ihr eigenes Komponieren aufgab und sich als Sekretärin und Krankenpflegerin des Gatten aufreibt.
Autor Joseph Horowitz ergründet auch die Position Alma Mahlers
Der umfangreich recherchierte Roman des US-Amerikaners Joseph Horowitz schildert dies alles aus New Yorker Perspektive. Aufschlussreich ist die genaue Beobachtung, wie der Komponist in europäischer Arroganz das Potenzial des Musiklebens in den USA ignoriert. Ein Gewinn des Buchs ist auch, dass die Position Alma Mahlers gleichberechtigt beleuchtet wird. Dennoch bleiben die Protagonisten angesichts der Faktenfülle zum Musikleben jener Jahre auf Abstand. Mehr Experimentierfreude bei der Darstellung hätte vielleicht geholfen. Somit erweist sich die Lektüre als hochinformativ, teils aber auch etwas zäh.