Anton Bruckners geistliche Chöre, heute gern als Motetten bezeichnet, verbinden auf ziemlich einzigartige Weise Anklänge an die alte Vokalpolyfonie von Komponisten wie Palestrina mit avancierter spätromantischer Harmonik. In den Modulationen des „Christus factus est“ etwa durchschreitet Bruckner fast den gesamten Quintenzirkel. Die Kühnheit dieser Satzweise wie Bruckners religiöse Inbrunst kommen in dieser Einspielung des österreichischen Chorus sine nomine exemplarisch zum Ausdruck. Selbstredend ohne Vibrato intoniert dieser Spitzenchor auch komplexe chromatische Verzweigungen mit messerscharfer Präzision, ohne dabei kalt oder gar steril zu klingen. Im Gegenteil: Groß ist das Ausdrucksspektrum zwischen wuchtig gesetzten Akkordblöcken und feinen polyfonen Passagen. Die eingeschobenen Orgelimprovisationen Martin Haselböcks unterstreichen dabei den liturgischen Charakter dieser Aufnahme.
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Motetten
Bruckner: Ave Maria, Virge Jesse, Os Jusi, Vexilla regis, Christus actus est & Locus iste, Haselböck: Improvisationen
Martin Haselböck (Orgel), Chorus sine nomine, Johannes Hiemetsberger (Leitung)
Granola