Dieser Almanach des „cinefest – XX. Internationales Festival des deutschen Film-Erbes“, herausgegeben von Olaf Brill, ist eine facettenreiche und gut strukturierte Materialsammlung zum Genre des Filmschaffens mit eigener Musik und eigens modifizierten bzw. erfundenen Handlungen. Das Vorführprogramm beinhaltete Paradebeispiele von der Stummfilmzeit über den frühen Tonfilm am Ende der Weimarer Republik und das „Dritte Reich“ bis in die DDR. Verdeutlicht wird der Unterschied vom „Operettenfilm“ zur „Tonfilmoperette“ und auch, dass sich Bestrebungen im Nationalsozialismus mit Hoffnungen auf eine international konkurrenzfähige Musikfilm-Industrie und die Theorie des Sozialistischen Realismus in der DDR stark ähnelten: Musik sollte nach 1933 durch die Handlung motiviert werden, nicht aber zum unmotivierten Wildwuchs in einem offenen Massenmedium werden.
Maßgeschneiderte Musik
Mit Werner Richard Heymann kommt im Katalog eine Experten-Größe über „Musik nach Maß“ zu Wort – betreffend Timing, Kolorit, Atmosphäre und anderen Erfordernissen an die Musik. Großflächige Zitate zeigen, mit welch agiler Wachheit die Presse technische und dramaturgische Innovationen des Films sowie seiner performativen Möglichkeiten beobachtete. Nebenbei geraten in diesem profunden Dossier mit Bildern, Zusammenfassungen und prägnanten Kurzeinführungen die großen Stars ins Visier: Zarah Leander, Hans Albers, Joseph Schmitt, Lilian Harvey und viele andere. Hier stehen allerdings nicht sie im Zentrum, sondern Theorie und Praxis der deutschen Traumfabrik mit ihren Einflusslinien aus US-Amerika und Ungarn.