Zweifellos verfügt Samuel Mariño über eine exklusive Stimme, mit der er rasch in einen ästhetischen Grenzbereich gerät. Denn sein müheloser Sopran erklimmt alle Höhen mit einer Leichtigkeit und Nachgiebigkeit, in der keinerlei physische und damit auch erotische Spannungsmomente mehr erkennbar sind. Deshalb fehlt ihm bei Partien wie Cherubino und Glucks Orfeo genau jenes charismatische Spektrum, das deren Partienprofil egal in welcher Stimmlage einmalig macht. Mariño singt über psychische Situationen und musikalische Signalpunkte unbeschwert hinweg. Mehrfach wirkt sein Timbre wie in der zweiten Sesto-Arie aus „Tito“ so flockig wie ein junger Sopran bei mutigen Erkundungsschritten im zu schweren Fach. All diese schnell behebbaren Eigenheiten fallen durch die Unterschiede von Mariños Verständnis zum ausgetüftelten wie brillanten und profunden La Cetra Barockorchester desto stärker ins Gewicht.
Sopranista
Werke von Mozart, Gluck, Cimarosa & Bologne
Samuel Mariño (Sopran), La Cetra Barockorchester, Andrea Marcon (Leitung)
Decca